Bundeskriminalamt

Karner: 4.300 Anzeigen wegen Sozialleistungsbetrug im Jahr 2021

Seit Juli 2018 geht die Polizei mit einer eigenen Task Force gegen Sozialleistungsbetrug in Österreich vor. Über 11.100 Anzeigen wurden in vier Jahren gelegt und eine Schadenssumme von über 60 Millionen Euro ermittelt.

"Österreich gehört zu jenen Staaten, die von illegaler Migration massiv belastet sind, sagte Innenminister Gerhard Karner bei der Präsentation der Jahresbilanz 2021 zum "Sozialleistungsbetrug" am 18. Juli 2022 in Wien. "Viele Menschen verlassen aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat und belasten unser Sozialsystem, das aber dazu da ist, jene Menschen zu schützen, die es tatsächlich brauchen, weil sie in ihrem Herkunftsstaat verfolgt werden." Neben dem Innenminister gaben Finanzminister Magnus Brunner, der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität im Bundeskriminalamt, Gerald Tatzgern, und der Leiter der Finanzpolizei im Bundesministerium für Finanzen, Wilfried Lehner, einen Ausblick auf die Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung sowie die polizeilichen Schwerpunkte bei der Bekämpfung von Sozialleistungsbetrug.

Der Innenminister sagte: "Im Juli 2018 wurde die Taskforce ‚Sozialleistungsbetrug‘ im Bundeskriminalamt gegründet, die sich seither schwerpunktmäßig mit diesem Thema auseinandersetzt." Alleine 2021 habe es 4.300 Anzeigen mit mehr als 4.700 Tatverdächtigen gegeben – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Jahr zuvor. Der Innenminister betonte, dass im Bundeskriminalamt in der Abteilung "Menschenhandel" ein eigenes Büro "Sozialleistungsbetrug" eingerichtet und in den Landespolizeidirektionen regionale Ermittllungsverbünde eingerichtet worden seien. "Außerdem wurden und werden mit Bediensteten des Bundeskriminalamts und der Finanzpolizei gezielt Schwerpunkte gesetzt, um den Missbrauch von Sozialleistungen zu verhindern, beispielsweise bei der Mindestsicherung oder bei Pensionsleistungen."

Der Innenminister dankte allen Polizistinnen und Polizisten sowie Bundesminister Magnus Brunner und den Bediensteten der Finanzpolizei für die gute Zusammenarbeit und das koordinierte Vorgehen im Kampf gegen Sozialleistungsbetrug, "denn je stärker wir gemeinsam kontrollieren, desto größere Erfolge können wir erzielen, wie einige Fälle zeigen, die wir aufdecken konnten."

Finanzminister Magnus Brunner betonte, dass er als zuständiger Minister größtes Interesse an einer effizienten Bekämpfung des Sozialleistungsbetrugs habe. Es brauche ein soziales Netz für alle Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen seien, es brauche aber auch Kontrolle zum Schutz vor Betrug, insbesondere im Interesse der Steuerzahlerinnen und -zahler.

Breites Deliktsfeld

Die TF SOLBE konnte 50 verschiedene Modi Operandi ausmachen, die sieben Hauptkategorien zugeordnet werden konnten: Diese umfassen etwa die Erschleichung der Mindestsicherung trotz ausreichendem Vermögen, den Missbrauch von Pensionsleistungen durch die Vortäuschung eines Scheinwohnsitzes oder den widerrechtlichen Erhalt der Familienbeihilfe sowie verbotene Auslandsaufenthalte bei gleichzeitigem Bezug von Sozialleistungen und die Erschleichung der Grundversorgung mittels falscher Identität. Doch so groß die Bandbreite an Modi Operandi ist, so gibt es hier auch viele verschiedene Zuständigkeiten: Dutzende Stellen und Institutionen sind in Österreich für die Auszahlungen von sozialen Leistungen verantwortlich.

Steigende Fallzahlen, enorme Schadenssummen

Die Schwerpunktaktionen, sowohl auf dem Luft- als auch am Landweg, waren trotz der COVID-19-Beschränkungen sehr erfolgreich: 2021 bearbeitete die TF SOLBE 4.346 Verdachtsfälle, was einen Zuwachs von 13,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet (2020: 3.820). In Wien wurden die meisten Fälle angezeigt (2.400), gefolgt von Oberösterreich (613) und der Steiermark (502). Aufgrund der umfangreichen Ermittlungen konnten 4.730 Tatverdächtige ausgeforscht werden, wovon rund 70,7 (3.346) fremder Herkunft waren. 2021 wurden 19,3 Millionen Euro zu Unrecht an Sozialleistungen bezogen (2020: 20,1 Millionen Euro).
Die TF SOLBE konnte in den vergangenen vier Jahren insgesamt über 11.100 Fälle zur Anzeige bringen und über 12.200 Tatverdächtige ausforschen.

Die Arbeit der Task Force

Die Task Force hat im Juli 2018 ihre Arbeit aufgenommen und mit Juli 2020 ihre zweijährige Projektphase abgeschlossen. Bis dahin wurden die Grundlagen erarbeitet und der Austausch mit anderen Institutionen und Behörden ausgebaut. Seit 2021 wird der Sozialleistungsbetrug neben den Verantwortlichen in den Landespolizeidirektionen auch schrittweise auf Bezirksebene durch die Kriminaldienstreferenten mit Unterstützung der Fremden- und Grenzpolizeilichen Bediensteten organisiert und koordiniert. Darüber hinaus wurde eine Kooperation mit dem Bundeskriminalamt Wiesbaden abgeschlossen, um die grenzüberschreitende Bekämpfung des Sozialleistungsbetrugs weiter auszubauen. Das oberste Ziel für 2022 ist es nun, das bestehende flächendeckende Netz an Beamtinnen und Beamten innerhalb der Polizei eng mit allen Stakeholdern zu verknüpfen und mit allen auszahlenden Stellen geeignete Rahmenbedingungen für eine dauerhafte und professionelle Kooperation zu schaffen.

Tote Mutter im Keller versteckt

Wie dreist manche Täter vorgehen, um unrechtmäßig Sozialleistungen zu beziehen, zeigt ein Fall aus Tirol vom September 2021: Ein 66-jähriger Mann hatte im Bezirk Innsbruck-Land den Leichnam seiner 89-jährigen Mutter über ein Jahr lang im Keller des Einfamilienhauses aufbewahrt, um weiter ihr Pensions- und Pflegegeld zu erhalten. Aufgrund eines neuen Briefträgers, der die Sozialgelder nur der Mutter persönlich übergeben wollte, flog der Fall auf. Die Gelder wurden zurück an die Pensionsversicherungsanstalt gesendet, die stutzig wurde und den Fall prüfte. Dabei stellte sich heraus, dass der 66-Jährige die Pflege seiner bettlägerigen Mutter bereits seit geraumer Zeit abbestellt hatte. Die anschließenden Ermittlungen der Polizei ergaben, dass die 89-jährige Frau Mitte 2020 daheim verstorben war. Der Schaden beläuft sich auf 50.000 Euro.

Vermögenswerte verschwiegen

Aktuell beschäftigt ein Fall aus Tirol die Ermittlerinnen und Ermittler: Ein 35-jähriger syrischer Staatsangehöriger steht im Verdacht, von 2016 bis 2020 zu Unrecht Sozialleistungen bezogen zu haben. Er hat den betroffenen Stellen nicht gemeldet, dass er sowohl im Besitz von großen Vermögenswerten und der Hälfte eines Grundstücks in Syrien im Gesamtwert von 117.000 Euro bis 120.000 Euro war, als auch Einkünfte aus drei Jahren Olivenernte in der Höhe von 25.000 Euro verschwiegen. Diese Einkünfte bezog er in bar, das Geld brachte ein Bekannter von Syrien nach Österreich. Der Verdächtige befindet sich aufgrund Suchtmittelhandels derzeit in Haft. Die genaue Schadenssumme wird noch ermittelt.

17 Ferienwohnungen und eine Villa in Kroatien

Eine bosnische Staatsbürgerin soll zwischen 2016 und 2021 rund 30.000 Euro Sozialleistungen zu Unrecht erhalten haben. Die Arbeitslosengeld- und Notstandshilfebezieherin hat dem Arbeitsmarktservice (AMS) und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) die Vermietung von 17 Ferienwohnungen und einer Villa in Kroatien sowie eine Vielzahl an Auslandsaufenthalten nicht gemeldet. Durch umfangreiche Ermittlungen konnten der Beschuldigten Mieteinnahmen für den Zeitraum von 2016 bis 2021 in der Höhe von rund 80.000 Euro nachgewiesen werden.

Dokumente:

Abteilungsleiter Gerald Tatzgern, Innenminister Gerhard Karner, Finanzminister Magnus Brunner und Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei.
Foto: ©  BMI/Karl Schober

Artikel Nr: 19815 vom Montag, 18. Juli 2022, 11:50 Uhr
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