Wahlen
Wahlrecht in Österreich, Überblick
Verhältniswahlrecht, Wahlkreiseinteilung
Die Vertretungskörper (Bund, Länder, Gemeinden) werden in Österreich auf allen Ebenen nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Auf Bundesebene stattfindende Wahlen, das sind Nationalratswahlen, Europawahlen und Bundespräsidentenwahlen, werden durch Bundesgesetz geregelt; die Gesetze, mit der die Durchführung von Landtagswahlen und Gemeinderatswahlen geregelt werden, können die Länder im Rahmen eines bundesverfassungsgesetzlichen Rahmens selbst verabschieden.
Für die in einem eigenen Gesetz (Nationalrats-Wahlordnung 1992 ) geregelte Wahl der 183 Abgeordneten zum Nationalrat ist das Bundesgebiet in 9 Landeswahlkreise und diese wiederum in insgesamt 39 Regionalwahlkreise eingeteilt. Zu den sich daraus ergebenden Ermittlungsebenen (Regionalwahlkreis, Landeswahlkreis, Bund) gibt es je ein Ermittlungsverfahren. Im ersten und zweiten Ermittlungsverfahren werden die zu vergebenden Mandate durch das Ermittlungsverfahren nach Hare festgestellt; im dritten Ermittlungsverfahren, in dem das d'Hondtsche Höchstzahlverfahren angewendet wird, findet ein bundesweiter proportionaler Ausgleich statt. Zugangsbeschränkung für die Erlangung eines Mandats im Nationalrat ist für jede wahlwerbende Gruppe die Überschreitung einer Vier-Prozent-Klausel, sofern die betreffende wahlwerbende Gruppe nicht im ersten Ermittlungsverfahren ein sogenanntes Direktmandat erzielt hat.
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Wahlvorschläge
Um in Österreich bei einer Wahl, insbesondere bei der Nationalratswahl, zu kandidieren, muss eine wahlwerbende Gruppe Wahlvorschläge einbringen. Diese Wahlvorschläge müssen entweder von einer bestimmten Zahl von Abgeordneten unterschrieben sein oder bedürfen - bei einer Nationalratswahl regional gewichtet - einer bestimmten Zahl von Unterstützungserklärungen. Für eine bundesweite Kandidatur bei einer Nationalratswahl oder bei einer Europawahl sind 2.600 Unterstützungserklärungen erforderlich, wobei der/die Unterstützungswillige zur Beglaubigung seiner Unterstützung die Gemeindebehörde seiner Heimatgemeinde persönlich aufsuchen muss.
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Die Durchführung von Wahlen in Österreich obliegt eigenen Wahlbehörden, sie werden jeweils durch einen Vorsitzenden sowie aus Vertretern der politischen Parteien gebildet. Der obersten Wahlbehörde, das ist die Bundeswahlbehörde, gehören überdies zwei Richter an. Für jedes Mitglied einer Wahlbehörde gibt es für den Verhinderungsfall ein Ersatzmitglied.
Unterste Einheit bei den Wahlbehörden ist in kleineren Gemeinden die Gemeindewahlbehörde, in größeren Gemeinden die Sprengelwahlbehörde. Diesen Wahlbehörden obliegt die Abwicklung der Stimmabgabe. Auf eine örtliche Wahlbehörde kommen etwa 400 bis 700 Wahlberechtigte. Auch kleinere Parteien, die aufgrund ihrer Stärke in Wahlbehörden nicht vertreten sind, können in diese Wahlbehörden Vertrauenspersonen und/oder Wahlzeugen/Wahlzeuginnen entsenden.
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Wahlberechtigung
Aktiv wahlberechtigt für die Teilnahme an sämtlichen Wahlen ist eine Österreicherin oder ein Österreicher, wenn sie (er) spätestens am Tag der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet hat.
Das Erlangen des passiven Wahlrechts bei Wahlen erfolgt, wenn ein(e) Bewerber(in) am Stichtag der Wahl die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und spätestens am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet hat. Es besteht in Österreich keine Wahlpflicht.
Die Wahlberechtigten sind in Österreich in fortlaufend geführten Wählerevidenzen erfasst. Anlässlich einer Wahl werden, basierend auf diesen Wählerevidenzen, Wählerverzeichnisse erstellt. Sowohl hinsichtlich der Wählerevidenz, als auch, hinsichtlich des Wählerverzeichnisses, gibt es ein Einsichtsrecht und das Recht einen Berichtigungsantrag zu stellen. Mit einem Berichtigungsantrag kann die Aufnahme einer zu erfassenden Person in die Wählerevidenz bzw. das Wählerverzeichnis oder die Streichung einer nicht zu erfassenden Person begehrt werden.
In die Europa-Wählerevidenz sind Unionsbürger einzutragen, die vor dem 1. Jänner des Jahres der Eintragung das 14. Lebensjahr vollendet haben, vom Wahlrecht zum Europäischen Parlament nicht ausgeschlossen sind und
- die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben oder als Auslandsösterreicherinnen/Auslandsösterreicher (Hauptwohnsitz im Ausland) aufgrund eines Antrages die Voraussetzungen für die Eintragung erfüllen oder
- die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, ihren Hauptwohnsitz in einer österreichischen Gemeinde haben und für die Dauer ihres Aufenthaltes in Österreich den Antrag auf Eintragung gestellt haben.
Für Personen, die auf Grund der Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde festgenommen oder angehalten werden, gilt in wahlrechtlichen Angelegenheiten der vor dieser Festnahme oder Anhaltung zuletzt begründete Wohnsitz oder Hauptwohnsitz als Wohnsitz oder Hauptwohnsitz, sofern sie über keinen anderen Wohnsitz oder Hauptwohnsitz außerhalb des Ortes der Festnahme oder Anhaltung verfügen.
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Die Ergebnisermittlung bei in Österreich durchgeführten bundesweiten Wahlen erfolgt zweigliedrig. Nach Auszählung der Stimmen durch die örtliche Wahlbehörde, unmittelbar im Anschluss an den Wahlvorgang, ergeht an die übergeordnete Wahlbehörde eine Sofortmeldung, so dass kurze Zeit nach dem Schließen des letzten Wahllokals bereits ein vorläufiges Gesamtergebnis der Öffentlichkeit präsentiert werden kann. Für die Feststellung eines endgültigen Wahlergebnisses sind jedoch von der jeweiligen Wahlbehörde unterfertigte Wahlakten maßgeblich, mit denen Ergebnisse der nachgeordneten Wahlbehörden bestätigt und der nächsthöheren Wahlbehörde weitergereicht werden.
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Wahlkarten
Die Beantragung einer Wahlkarte ermöglicht Wählerinnen und Wählern größtmögliche Flexibilität bei der Stimmabgabe. Mit einer Wahlkarte kann auch außerhalb der Heimatgemeinde vor einer Wahlbehörde gewählt oder im Inland und Ausland die Briefwahl ausgeübt werden. Mittels Wahlkarte können Personen wählen, die am Wahltag ortsabwesend sind, ebenso auch Personen, die bettlägerig sind. Letztere können von sogenannten besonderen Wahlbehörden zu Hause besucht werden. Auch Häftlinge können vor besonderen Wahlbehörden wählen, sofern sie das Wahlrecht besitzen.
Sowohl in Österreich als auch im Ausland kann die Wahlkarte dazu verwendet werden, um persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst an einem beliebig gewählten Ort die Stimme abzugeben und an die zuständige Wahlbehörde weiterzuleiten.
Personen, denen der Besuch des zuständigen Wahllokals am Wahltag infolge mangelnder Geh- und Transportfähigkeit oder Bettlägerigkeit nicht möglich ist, können die amtswegige Ausstellung einer Wahlkarte schriftlich beantragen.
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E-Voting
In der österreichischen Bundesverfassung besteht derzeit keine geeignete Rechtsgrundlage für Wahlen auf elektronischem Weg („E-Voting“). Dies gilt sowohl für Modelle einer Stimmabgabe mittels eines Terminals im Wahllokal, als auch für Formen der Stimmabgabe über Internet oder über ein anderes externes Medium. Im BMI wird die Entwicklung auf diesem Gebiet im Inland (z. B. im Bereich von Körperschaften wie der Österreichischen Hochschülerschaft) und im Ausland dennoch genau beobachtet.
Arbeitsgruppe im BMI
Eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Inneres, die zunächst interministeriell (Bundeskanzleramt, Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten und BMI) zusammengefasst war, zu der aber in weiterer Folge auch Vertreter(innen) der Gebietskörperschaften, der Wissenschaft und Forschung sowie der Privatwirtschaft beigezogen wurden, hat sich 2004 mit der Sichtung von E-Voting-Projekten im In- und Ausland, der Prüfung der Umsetzbarkeit der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates zu E-Votingund mit rechtlichen, technischen und ökonomischen Erfordernissen im Falle der Umsetzung eines E-Voting-Konzepts in Österreich auseinander gesetzt.
Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe samt den drei Teilberichten der Unterarbeitsgruppen zu legistischen, technischen und internationalen Belangen kann nachstehend herunter geladen werden:
Empfehlung des Europarates
Das Ministerkomitee des Europarates hat am 14. Juni 2017 in Straßburg eine neue Empfehlung zu internationalen Standards für E-Voting verabschiedet. Die Mitgliedstaaten des Europarates hatten 2015 einer Überarbeitung der ersten Empfehlung zu E-Voting aus 2004 zugestimmt. Zur Ausarbeitung der neuen Dokumente wurde eine direkt dem Ministerkomitee des Europarates verantwortliche Gruppe von Wahlexperten (Comité ad hoc d’experts sur vote électronique – CAHVE ) unter zusätzlicher Beiziehung externer Expertise gebildet. Österreich hatte den Vorsitz inne, Schweden den stellvertretenden Vorsitz.
Die am 14. Juni 2017 beschlossene „Recommendation CM/Rec(2017)5“ ist das Kerndokument mit internationalen Standards. Hinzu kommen erläuternde Bemerkungen („Explanatory Memorandum“) und „Guidelines“, ergänzende Anleitungen zur Implementierung der Standards des Kerndokuments. Die E-Voting-Dokumente zielen nicht darauf ab, das elektronische Wählen in den Europaratsstaaten zu bewerben oder zu fördern. Vielmehr ist in der Präambel der Empfehlung klargestellt, dass eine Entscheidung über E-Voting in jedem Land individuell getroffen werden muss. Die neuen Standards sollen dabei als einheitliche Richtschnur dienen.
Die 2017 verabschiedeten Dokumente sind über die Website des Europarates abrufbar:
Die frühere E-Voting-Empfehlung des Europarates „Recommendation CM/Rec(2004)11“ vom 30. September 2004 wurde samt ihren Anhängen sowie den aus 2010 stammenden Dokumenten „Guidelines on transparency of e-enabled elections“ und „Certification of e-voting systems - Guidelines for developing processes that confirm compliance with prescribed requirements and standards“ außer Kraft gesetzt.
Weiterhin online verfügbar ist das 2010 vom Europarat gestaltete „Handbuch zu E-Voting“:
SIAK-Journal
Ein Fachartikel in Ausgabe 3/2005 des SIAK-Journals, der wissenschaftlichen Zeitschrift des BMI, hat „E-Voting in Österreich: Status Quo und Ausblick“ zum Gegenstand.
BMI Bundesministerium für Inneres, Abteilung III/S/2, 1010 Wien, Telefon: +43 1 531 26-905203 | Kontakt