Gewaltschutz
5. Gewaltschutzgipfel im BMI: Gewaltschutz steht 365 Tage im Jahr im Fokus
Der fünfte Gewaltschutzgipfel fand am 26. November 2024 im Bundesministerium für Inneres statt.
Expertinnen und Experten aus dem Bereich Gewaltschutz trafen sich am 26. November 2024 im Innenministerium zum diesjährigen Gewaltschutzgipfel, darunter Frauenministerin Susanne Raab, Sozialminister Johannes Rauch und Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf. Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen stand das Thema "Gewaltprävention".
Innenminister Gerhard Karner: Gewaltschutz steht für die Polizei 365 Tage im Jahr im Fokus
"Das Thema Gewaltschutz steht für die Polizei 365 Tage im Jahr im Fokus. Ich danke vor allem den Präventionsexperten in den Bundesländern für ihr großes Engagement und ihre oft schwierige Arbeit. Sie sind wesentliche Stützen des Gewaltschutzes in Österreich", sagte Innenminister Gerhard Karner bereits am Vorabend des Gewaltschutzgipfels.
Frauenministerin Susanne Raab: Frauenbudget verdreifacht und in Prävention und Gewaltschutz investiert
Frauenministerin Susanne Raab: "Der heutige Gewaltschutzgipfel bietet unter anderem die Gelegenheit, auf die beeindruckenden Fortschritte der vergangenen Jahre zurückzublicken: Wir haben das Frauenbudget in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht und gezielt in Prävention und Gewaltschutz investiert. Somit konnten wir in jedem politischen Bezirk eine Frauen- und Mädchenberatungsstelle aufbauen und in jedem Bundesland wurde eine Beratungsstelle für von sexueller Gewalt betroffene Frauen eingesetzt. Gemeinsam mit dem Innenressort haben wir das Budget der Gewaltschutzzentren um rund 50 Prozent erhöht und in den neu geschaffenen Gewaltambulanzen können sich Betroffene in einem geschützten Setting kostenfrei untersuchen lassen, wobei gleichzeitig Beweise gesichert werden. Zudem stärken wir mit der neuen Gewaltschutzstrategie die Zusammenarbeit aller Akteure, um sicherzustellen, dass jede Frau frühzeitig die Unterstützung erhält, die sie braucht."
Sozialminister Johannes Rauch: Hinschauen und nicht wegschauen muss Devise sein
"Gewalt an Frauen ist eine der größten Krisen in unserer Gesellschaft. Der wirksamste Schutz für potenzielle Opfer besteht darin, potenziellen Tätern unmissverständlich zu zeigen: Wir werden ein solches Verhalten nicht tolerieren! Rund sieben Million Euro investiert das Sozialministerium jährlich in gewaltpräventive Projekte und die Sensibilisierungskampagne "#sag was - Mann spricht‘s an". Hinschauen und nicht wegschauen muss die Devise sein, denn nur, wenn Männergewalt aktiv angesprochen wird, kann sie verhindert werden", sagte Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch.
Justizministerin Alma Zadic: Prozessbegleitung ausgebaut und Gewaltambulanzen eingeführt
Justizministerin Alma Zadic: "Wir dürfen uns nicht ausruhen und müssen alles dafür tun, dass Gewalt gegen Frauen und Femizide wirksam bekämpft werden. In der Justiz haben wir wichtige Maßnahmen gesetzt: Vom Ausbau der psychosozialen und juristischen Prozessbegleitung bis hin zur Einführung von Gewaltambulanzen. In diesen niederschwelligen Untersuchungsstellen können sich Betroffene von Gewalt im geschützten Setting kostenfrei untersuchen und Verletzungen gerichtsfest dokumentieren lassen. Diese stehen dann als aussagekräftige Beweise für spätere Verfahren zur Verfügung. Dadurch soll auch die Verurteilungsquote bei Fällen von häuslicher Gewalt erhöht werden. Aber es gibt viel zu tun. Denn unser gemeinsames Ziel muss es sein, jeder Frau und jedem Mädchen ein gewaltfreies Leben zu ermöglichen."
Generaldirektor Franz Ruf: Gemeinsam der Gewalt entgegenstellen
Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, wies auf die Neustrukturierung des Betretungs- und Annäherungsverbots, das obligatorische vorläufige Waffenverbot und die verpflichtende Gewaltprävention als wichtige Meilensteine hin und betonte: "Die Arbeit, die Polizei, Opferschutzeinrichtungen und Gewaltinterventionszentren leisten, ist essenziell. Es ist eine gemeinsame Aufgabe, sich der Gewalt entgegenzustellen."
Weiterentwicklung des Gewaltschutzes seit 2020
Der Gewaltschutz ist in Österreich seit 1997 gesetzlich verankert und wurde in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut:
Im Jänner 2020 wurde das Betretungsverbot um das Annäherungsverbot erweitert. Das Betretungsverbot galt nur für den Wohnbereich der gefährdeten Person – durch das Annäherungsverbot wurde ein Schutzkreis von 100 Metern geschaffen.
Auch die sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen bei Hochrisikofällen wurden 2020 gesetzlich eingeführt. Ziel ist die enge Vernetzung von Gewaltschutzeinrichtungen, Polizei, Jugendbehörden und Schulen. Seit ihrer Einführung haben sich die gesetzlichen Fallkonferenzen vervielfacht: Während im Einführungsjahr 25 Fallkonferenzen durchgeführt wurden, waren es 2023 bereits 234.
Seit 1. September 2021 müssen weggewiesene Gefährder ein verpflichtendes sechsstündiges Anti-Gewalt-Training absolvieren. Heuer wurden 10.198 Gefährder weggewiesen und bis Ende Oktober 2024 zur Gewaltprävention vorgeladen. Zudem wird seit 1. Jänner 2022 bei Betretungsverboten/Annäherungsverboten ein automatisches Waffenverbot gegen Gefährder verhängt. Seit 1. Juli 2022 können darüber hinaus auch Gerichte einem Gewalttäter die Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung auftragen.
Die Prozessbegleitung wurde in den letzten Jahren kontinuierlich gestärkt und ausgebaut. So haben nun auch alle Betroffenen von Hass im Netz und Kinder, die Zeugen von Gewalt in der Familie geworden sind, Anspruch auf juristische und psychosoziale Prozessbegleitung. Außerdem wurde im September 2024 die Prozessbegleitungsregulierungsverordnung kundgemacht. Neben der Neustrukturierung der Ausbildungslehrgänge, welche mehr Spezialisierung der Prozessbegleiterinnen ermöglicht, wird durch die Verordnung die Qualität der Prozessbegleitung langfristig abgesichert und gestärkt.
Zahl der Präventionsexperten bei der Polizei verdoppelt
Seit 2020 wurde die Zahl der speziell ausgebildeten Präventionsbediensteten von rund 500 auf etwa 1.200 Präventionsbedienstete mehr als verdoppelt. Seit Sommer 2024 sind in den Bundesländern Regionalkoordinatorinnen und -koordinatoren im Einsatz. Dabei handelt es sich unter anderem um Spezialistinnen und Spezialisten im Präventionsbereich. Damit können speziell ausgebildete Polizistinnen und Polizisten den Gewaltschutz in den Regionen koordinieren und noch effizienter gestalten. Darüber hinaus wurde im Bundeskriminalamt ein spezialisiertes Büro für Gewaltschutz eingerichtet. Dieses ist für eine zentrale und bundesweite Koordinierung der Gewaltschutzthemen, für die Fortbildung der Präventionsbediensteten und für die Koordinierung wissenschaftlicher Untersuchungen zuständig.
Im Bereich der Justiz wurde im Jänner 2024 der Kinderschutzleitfaden für Familienrichterinnen und -richter zum Umgang mit Gewalt in Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren präsentiert. Ziel ist es, den Schutz von Kindern gegen alle Formen von Gewalt weiter auszubauen. Einerseits durch eine umfangreiche Sensibilisierung für die verschiedenen Formen von Gewalt und ihre Auswirkungen, und andererseits durch konkrete Handlungsstrategien im Sinne des Kindeswohls.