Gewaltschutz-Bericht
Fortschritte und Herausforderungen
Laut Gewaltschutzbericht 2020 – 2024 ist die Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote (BV/AV) 2024 leicht gesunken, dennoch blieb die Anzahl der beratenen Gefährderinnen und Gefährder konstant.
Gewaltschutzbericht: Von Gewalt besonders betroffen sind weiterhin Frauen, Kinder und ältere Menschen
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Gewalt – insbesondere im privaten Umfeld – bleibt in Österreich eine zentrale gesellschaftliche und kriminalpolizeiliche Herausforderung. Der Gewaltschutzbericht des Bundeskriminalamtes für die Jahre 2020 bis 2024 zeigt nicht nur die Entwicklungen in der Bekämpfung häuslicher Gewalt auf, sondern auch die umfassenden Anstrengungen in Prävention und Opferschutz.
2024 wurden von der Polizei österreichweit 14.583 BV/AV ausgesprochen, ein leichter Rückgang von rund 3,5 Prozent im Vergleich mit 2023. Mit 4.091 ausgesprochenen BV/AV bleibt Wien Hotspot, gefolgt von Niederösterreich (2.794) und Oberösterreich (2.602), die wenigsten verzeichnete das Burgenland (482).
2024 sank die Anzahl an „Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen“ (S-FK) im Bereich Gewalt in der Privatsphäre, die bei High-Risk-Fällen zur Anwendung kommen und eine koordinierte Maßnahmenplanung zwischen Behörden und Institutionen ermöglichen, von 234 auf 193. Obwohl die Anzahl der BV/AV im Vergleich zum Jahr davor gesunken ist, blieb die Zahl an beratenen Gefährderinnen und Gefährdern laut Beratungsstellen für Gewaltprävention (BfG) auf konstantem Niveau: 12.534 Personen wurden beraten, ein Minus von rund 1,16 Prozent (12.681).
Leicht rückläufig war 2024 auch die Zahl der präventiven Rechtsaufklärungsgespräche und Opferkontaktgespräche im Zusammenhang mit Gewalt in der Privatsphäre und Stalking: 18.928 Gespräche wurden geführt, eine Abnahme von rund 1,1 Prozent. Im Fünf-Jahresvergleich zeigt sich jedoch eine kontinuierliche Zunahme (2020: 11.026).
Präventionsmaßnahmen und Projekte.
In Österreich wurde in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen initiiert und ausgebaut. So bildet der jährlich stattfindende Gewaltschutzgipfel eine Plattform für den Austausch zwischen Politik, NGOs sowie internationalen Akteuren und dient als Auftakt zur internationalen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. Die Kampagne schärft mit Aktionen, wie „Orange the World“ oder der Kassabon-Initiative, die in Kooperation von Polizei und Handelsverband im Rahmen der Initiative „GEMEINSAM.SICHER mit unserer Polizei“ steht und bei der Notrufnummern auf Kassabons gedruckt werden, das Bewusstsein und bringt Hilfsangebote näher.
Des Weiteren fungieren Polizistinnen und Polizisten als Präventionsbedienstete in jeder Polizeiinspektion, bieten Opferkontaktgespräche und präventive Rechtsaufklärungen an – auch bei Stalking-Fällen. Derzeit gibt es 1.300 Präventionsbedienstete.
Best-Practice-Beispiel.
Seit der Verankerung des ersten Gewaltschutzgesetzes 1997 gilt Österreich als Vorreiter in Europa. Durch Strategien und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Gewaltschutzmaßnahmen fand Österreich auf internationaler Ebene Beachtung. So gab es 2024, wie auch in den Jahren davor, viele Anfragen zum Thema Gewaltschutz in Österreich. Neben Deutschland und Serbien zeigten Länder, wie Südkorea, Estland, Australien oder Saudi-Arabien Interesse an den Erfahrungswerten zur Wirksamkeit der BV/AV, den Opferkontaktgesprächen und präventiven Rechtsaufklärungsgesprächen sowie den Beratungsstellen für Gewaltprävention und den Durchführungen der S-FK. Im September 2024 besuchte eine Delegation der NAUSS-Universität Riad, Saudi-Arabien, das Bundeskriminalamt und tauschte sich mit den Expertinnen und Experten aus.
Kontakt.
Betroffene oder Angehörige können sich in einer Notfall-Situation jederzeit an die Polizei (Notruf 133) wenden. Die Frauen-Helpline gegen Gewalt ist rund um die Uhr unter 0800 222 555 erreichbar. Die Adressen der Gewaltschutzzentren in ganz Österreich finden sich unter www.gewaltschutzzentrum.at . Weitere Informationen/Hilfe gibt es auf der Seite des Bundeskriminalamtes (www.bundeskriminalamt.at ) unter Gewalt widersetzen und auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres „Sicher zu Hause“ .
Romana Tofan
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2025
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