Liechtenstein
Zu fünft in den Bergen
Mit derzeit fünf Alpinpolizistinnen und -polizisten verfügt das Fürstentum Liechtenstein über die kleinste Alpinpolizei der Alpen. Möglich ist dies dank des hohen persönlichen Engagements und enger nachbarschaftlicher Zusammenarbeit mit der Schweiz und Österreich.
Zusammenarbeit stärken: Angehörige der Alpinpolizei, der Liechtensteiner Bergrettung und die Rettungshundeführer Liechtensteins übten gemeinsam mit der Besatzung des Polizeihubschraubers „Libelle“ des österreichischen Innenministeriums © Oliver Ospelt
Das Fürstentum Liechtenstein, mit knapp 40.000 Einwohnern und einer Fläche von rund 160 Quadratkilometern der sechstkleinste Staat der Welt, verfügt seit 1933 über eine Polizei. Waren es zu Beginn sieben Polizisten, so zählt die Landespolizei heute über 130 Mitarbeitende. Unterstützt werden diese von rund 40 Bereitschaftspolizisten, den sogenannten „Bepos“. Sie verfügen über eine sicherheitspolizeiliche Grundausbildung und unterstützen die hauptamtlichen Kräfte nebenberuflich. Neben der Landespolizei sind in den Dörfern Gemeindepolizisten mit eingeschränkten Kompetenzen tätig. Trotz dieser speziellen und strukturell einschränkenden Rahmenbedingungen bietet die Landespolizei das gesamte polizeiliche Leistungsspektrum an. Die scheinbar fehlende kritische Größe wird durch nachbarschaftliche Zusammenarbeit und internationale Vernetzung kompensiert.
Zusammenarbeit in Ausbildung und Fahndung.
2001 trat der trilaterale Polizeikooperationsvertrag mit der Schweiz und Österreich in Kraft. Aufgrund der Schengen-Assoziierung der Schweiz und Liechtensteins sowie der allgemeinen Entwicklung der grenzüberschreitenden Kriminalität wurde der Vertrag 2012 revidiert. Der Beitritt Liechtensteins zum Schengen-Raum erleichtert die europaweite Fahndung nach Personen und Sachen. Als Mitglied von Europol hat die Landespolizei keinen Verbindungsbeamten in Den Haag stationiert, sondern kooperiert eng mit den Verbindungsbeamten Österreichs und der Schweiz. 2003 wurde das Fürstentum als assoziiertes Mitglied in das Ostschweizer Polizeikonkordat (Ostpol), aufgenommen. Gemeinsam werden Lagebilder erstellt, Ausrüstung und Einsatztaktik für gemeinsame Einsätze abgestimmt und liechtensteinische Einsatzkräfte an der Polizeischule Ostschweiz in Amriswil ausgebildet. Durch vielfältige Unterstützung in der Ausbildung und internationale Vernetzung ist die Landespolizei in der Lage, Spezialeinheiten einsatzbereit zu halten. Dazu gehören das Sondereinsatzkommando IVE, das für Einsätze mit hoher Gefährdungslage und der Festnahme von Gewaltverbrechern sowie für den Personen- und Objektschutz herangezogen wird, eine Observationseinheit, die Verhandlungs- sowie die Diensthundegruppe.
Alpinpolizei.
Das Team der Alpinpolizei der Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein. © Landespolizei Liechtenstein
Als Alpenland – mit dem Grauspitz als höchstem Berg (2.599 Meter) an der Grenze zur Schweiz – verfügt die Landespolizei über eine weitere Spezialeinheit, und zwar die 2003 etablierte Alpinpolizei. „Die Einheit hat einen Sollbestand von vier Alpinpolizisten. Derzeit haben wir einen Überhang und sind zu fünft“, erklärt Thomas Bereiter, interimistischer Leiter der Alpinpolizei, hauptberuflich Sachverständiger und Kriminaltechniker in der Kriminaltechnik. Wie Bereiter erklärt, ging der Gründung der Spezialeinheit eine Bedarfserhebung voraus. Damals seien erste Gespräche mit Österreich über eine Ausbildungskooperation geführt worden, woraufhin der erste Leiter der Alpinpolizei, Peter Reichl, die Ausbildungen zum Polizeialpinisten und Polizeihochalpinisten bei der Vorarlberger Polizei absolviert habe. Heute noch werden die liechtensteinischen Alpinpolizisten in Vorarlberg ausgebildet. Zusätzlich finden Schulungen am Schnee- und Lawinenforschungszentrum in Davos in der Schweiz statt.
Ausrüstung.
Die Alpinpolizisten verfügen über eine Ausrüstung, die je nach Jahreszeit und Witterung den Aufenthalt im Gelände ermöglicht. „Das Material und die Ausrüstung befinden sich im Depot des Polizeigebäudes in Vaduz. So ist es möglich, vom Büro aus in den Einsatz zu gehen“, sagt Bereiter.
Lagebesprechung mit der Bergrettung und dem Rettungshundeführer bei einer Übung © Landespolizei Liechtenstein
Zu den Aufgaben der Alpinpolizei, die organisatorisch der Abteilung Kriminalpolizei zugeordnet ist, gehört die polizeiliche Sachverhaltsaufnahme in unwegsamem oder alpinem Gelände – etwa bei Berg-, Flug-, Ski- oder Lawinenunfällen. Dies, sofern besondere alpine Kenntnisse und Fähigkeiten oder der Einsatz entsprechender Ausrüstung notwendig erscheinen. Weiters unterstützt die Alpinpolizei bei Bedarf die Rettungsorganisationen bei der Bergung oder Rettung von Verunglückten und kann bei verkehrs- und kriminalpolizeilichen Ermittlungen oder sonstigen polizeilichen Tätigkeiten im alpinen oder unwegsamen Gelände beigezogen werden. Im Wesentlichen rückt die Alpinpolizei aus, wenn es sich um Suchaktionen, Unfälle mit Verletzten, Kollisionen auf Skipisten oder unklare Ereignisse im unwegsamen alpinen Gelände handelt. Dabei arbeitet sie eng mit der Liechtensteiner Bergrettung zusammen Diese kooperiert mit der Alpinen Rettung Schweiz und der Schweizerischen Rettungsflugwacht REGA. Zudem ist seit 2018 mit „Christoph Liechtenstein“ der AP3 Luftrettung ein Rettungshelikopter in Balzers – der südlichsten Gemeinde Liechtensteins – stationiert.
Für luftpolizeiliche Einsätze wird aus Vorarlberg der Polizeihubschrauber „Libelle“, der dem Bundesministerium für Inneres (BMI) unterstellt ist, verwendet. Dieser fliegt ab der Flugeinsatzstelle Hohenems (Vorarlberg) etwa für Verkehrsüberwachungen, Alpineinsätze und Täterverfolgungen. Rechtlich geregelt ist dies im trilateralen Polizeikooperationsvertrag zwischen Liechtenstein, der Schweiz und Österreich aus dem Jahr 2012 sowie im Luftpolizeivertrag mit Österreich von 2023. Die österreichische Flugpolizei trägt somit zusätzlich zu einem hohen Sicherheitsniveau in Liechtenstein bei.
Grenzübergreifende Übungen.
Würde die Alpinpolizei bei einem Großereignis Unterstützung aus den umliegenden Ländern erhalten? „Ich bin überzeugt, dass wir auf Unterstützung aus Österreich und der Schweiz zählen können, sollte es zu einem Ereignis kommen, bei dem wir auf diese angewiesen sind“, sagt Thomas Bereiter. Schon jetzt sei es der Fall, dass sich Einheiten unterstützen – etwa bei der Suche nach Vermissten. Wird beispielsweise auf österreichischer Seite eine Vermisstensuche durchgeführt, suchen die Liechtensteiner Alpinpolizisten, wenn dies sinnvoll erscheint, auf ihrer Seite.
Grundsätzlich legt Bereiter Wert auf ein gutes Verhältnis zu den umliegenden Alpinen Einsatzgruppen. Die Einheiten üben des Öfteren gemeinsam. Die Kollegen der Liechtensteiner Alpinpolizei absolvierten vor zwei Jahren eine zweitägige Weiterbildung mit Kollegen des Ostschweizer Polizeikonkordats. Das seien Tage „mit viel Wissen, von dem alle Beteiligten profitiert haben“ gewesen. Thomas Bereiter wird die Alpinpolizei noch bis 31. Dezember 2024 führen und dann die Leitung an Philip Reich übergeben.
Benedikt Haufs/Dunja Goop
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2024
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