Projekt Wild-Life-Crime
Wildtierkriminalität bekämpfen
Naturschutzverbände, Behörden, Veterinärmedizin, Polizei und Wissenschaft haben sich zusammengeschlossen, um im EU-LIFE-Projekt „Wild-Life-Crime“ in Österreich und Deutschland gemeinsam gegen Wildtierkriminalität vorzugehen.
Elfenbein-Figuren, Schuhe aus Krokodilleder oder illegale Mittel der alternativen Medizin aus Tieren und Pflanzen – ein bekanntes Bild der Wildtierkriminalität. In den vergangenen Jahren wurden in Österreich und Deutschland Tausende geschützte Wildtiere Opfer illegaler Verfolgung und durch Abschuss, Fang in Fallen oder Vergiftungen getötet. Neben seltenen Greifvögeln stehen Luchse, Wölfe, Biber und Fischotter auf der Liste der bedrohten Arten. Die Ausforschung der Täter stellt die Strafverfolgungsbehörden vor Herausforderungen und nur selten gibt es eine gerichtliche Verurteilung. Um dies zu ändern, startete im Oktober 2023 das Projekt „Wild-Life-Crime“. Partner aus Naturschutzverbänden, Behörden, Veterinärmedizin, Polizei und Wissenschaft arbeiten bis September 2028 verstärkt zusammen, um die Zahl der illegalen Tötungen von Wildtieren in Österreich und Deutschland zu reduzieren sowie die Effizienz der Strafverfolgung zu steigern.
Wildtierkriminalität.
Auf nationaler und internationaler Ebene gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Abkommen, die den illegalen Handel mit Tierprodukten und andere Formen von Wildtierkriminalität verbieten, wie etwa das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES), die nationalen Artenschutzgesetze sowie internationale Abkommen und Initiativen. Wildtierkriminalität bezeichnet die rechtswidrige Tötung oder Schädigung von geschützten, wildlebenden Tieren sowie damit in Verbindung stehende Taten und ist in Österreich nach § 181f und g Strafgesetzbuch (StGB) „Vorsätzliche Schädigung des Tier- oder Pflanzenbestandes“ strafbar. Weitere relevante Strafnormen sind § 222 StGB „Tierquälerei“ sowie §§ 137 und 138 StGB (schwerer) „Eingriff in fremdes Jagdrecht“. Das Hauptmotiv für Wildtierkriminalität ist auf internationaler Ebene oft finanzieller Natur. In Österreich und Deutschland tritt zudem auch noch ein anderer Beweggrund in Erscheinung: Landnutzungskonflikte. Der Lebensraum der Wildtiere wird durch die Land- und Tierwirtschaft und Siedlungsausdehnungen immer mehr eingeschränkt. Daher kommt es vermehrt zu Konflikten zwischen Mensch und Wildtier, was die Wahrscheinlichkeit einer illegalen Tötung erhöht.
„Auf internationalere Ebene erhält vor allem der Handel mit geschützten Arten große Beachtung. Doch in Österreich sind vermeintliche Konkurrenz zwischen Wildtieren und der Jagd sowie Schäden an Vieh-, Fisch- und Kleintierzucht die häufigsten Motive“, erklärt Chefinspektor Karl Frauenberger, Leiter des Referats gegen Umweltkriminalität des Bundeskriminalamtes. „So wird etwa die illegale Tötung von Greifvögeln häufig mit der Gefährdung von Niederwildbeständen gerechtfertigt. Beim Wolf werden die Risse an Weidetieren als Erklärung angeführt.“
Grenzüberschreitende Problematik.
Illegale Handlungen gegenüber Wildtieren können nicht nur die Existenz einzelner Arten bedrohen, vielmehr kann das Gleichgewicht ganzer Ökosysteme durcheinandergebracht und gefährdet werden, was zu weitreichenden ökologischen Konsequenzen führen kann. Um die biologische Vielfalt zu erhalten, ist es wichtig, konsequent gegen Wildtierkriminalität vorzugehen. Da Wildtierkriminalität und die Bedrohung von Arten und Ökosystemen vor nationalen Grenzen nicht Halt machen, ist dieser Bereich der Kriminalität Teil des EU-EMPACT-Programms, wodurch Behörden koordiniert Wissen und Erfahrungen austauschen können. „Oftmals wird nur ein geringer Teil der Fälle aufgedeckt und die Ausmaße illegaler Verfolgungen werden unterschätzt“, berichtet Frauenberger.
Großprojekt.
Beim Projekt „Wild-Life-Crime“ arbeiten auf österreichischer Seite Expertinnen und Experten des WWF Österreich, Bird-Life Österreich, des Bundeskriminalamts, der Veterinärmedizinischen Universität Wien sowie des Ökobüros – Allianz der Umweltbewegung mit deutschen Spezialistinnen und Spezialisten des WWF Deutschland, der Universität Bremen, des Polizeipräsidiums Niederbayern, des Polizeipräsidiums Oberpfalz, des Leibnitz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, Luchs Bayern e.V., des Komitees gegen Vogelmord e.V. sowie des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW Hand in Hand an Lösungen.
Neben präventiven Maßnahmen, wie etwa einem aktiven Konfliktmanagement in Hotspot-Regionen, sollen mehr Fälle von Wildtierkriminalität aufgedeckt werden. Um das zu erreichen, muss die Bevölkerung sensibilisiert werden und die Strafverfolgungsbehörden müssen Unterstützung beim Zugang zu Fachwissen erhalten. Dadurch sollen ihre Kapazitäten erweitert werden. Dadurch sollen auch ihre Kapazitäten erhöht werden. Dies im Fokus, sollen nicht nur forensische Untersuchungen verbessert werden, sondern es soll auch Fortbildungen für Polizei, Staatsanwaltschaften und Richter geben.
Falldatenbank.
Neben zielgruppenspezifischen Weiterbildungsangeboten und praxisorientierten Leitfäden soll eine Falldatenbank mit Beispielen erstellt werden und der internationale Wissens- und Erfahrungsaustausch forciert werden. Um die Strafverfolgung von Artenschutzdelikten zu verbessern, sollen die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen evaluiert und konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Dies erfolgt, indem man Entscheidungsträger und politische Vertreterinnen und Vertreter proaktiv miteinbezieht.
Vorgehen bei Verdacht auf Wildtierkriminalität.
Wildtierkriminalität ist oft nicht einfach zu erkennen. Expertinnen und Experten vom WWF und Bird-Life Österreich bieten jedoch schnelle, unkomplizierte Beratung und Hilfe an. Wenn Sie beispielsweise einen toten oder verletzten Greifvogel oder Beutegreifer unter verdächtigen Umständen, einen mutmaßlichen Giftköder oder eine verdächtige Falle finden, berühren Sie sie nicht, sondern notieren Sie den genauen Ort, die Uhrzeit und was vorgefunden wurde. Machen Sie Fotos davon und melden Sie den Fund der nächsten Polizeidienststelle.
Romana Tofan
Meldekontakte
• Meldestelle des Bundeskriminalamtes: umwelt@bmi.gv.at
• WWF-Hotline: 0676/444 66 12
• BirdCrime-Hotline: 0660/869 23 27
meldung@wildlifecrime.at
• wildlifecrime.info
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2024
Druckversion des Artikels (PDF 297 kB)