Forum I/A
Neue Arbeitswelten
Markus Richter, stellvertretender Direktor der Sicherheitsakademie, präsentierte beim Forum I/A Arbeitsmodelle und zeigte die Bedeutung der Entwicklungen besonders für die jungen Generationen auf.
Markus Richter, Leiter des Zentrums für Ressourcensteuerung und Unternehmensqualität sowie stellvertretender Direktor der Sicherheitsakademie, präsentierte am 6. Juni 2023 beim Forum I/A im Innenministerium Ansätze der Arbeitsmethoden und der Möglichkeiten der Nutzung dieser Modelle für die Verwaltung des Bundesministeriums für Inneres (BMI). Hervorgegangen sind die Veränderungen bedingt durch die Corona-Pandemie. Neue Arbeitsweisen mussten geschaffen werden, um auch in der Pandemie arbeiten zu können.
Am Beginn der Pandemie war die Praxis des Homeoffices nicht gegeben. Nur acht Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügten über mobile Arbeitsausstattung. Ein Jahr später, nachdem das technische Inventar aufgestockt worden war, konnten 85 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mobil arbeiten. Aus den Zeiten der Krise ergaben sich Erfahrungswerte, die genutzt und weiterentwickelt werden können, um die jungen Generationen anzusprechen und ihren Bedürfnissen in der Arbeitswelt gerecht zu werden.
„Taylorismus“ versus „New Work“.
Die Industriegesellschaft im 19. Jahrhundert war geprägt von dem hierarchischen und autoritären System des Taylorismus, des Systems der wissenschaftlichen Betriebsführung mit dem Ziel, einen möglichst wirtschaftlichen Betriebsablauf zu erzielen. Das System verfolgte detaillierte Vorgaben der Arbeitsmethoden und Aufgaben für die Steigerung der Produktivität und der Effizienz der Arbeiterinnen und Arbeiter.
Mit dem Wandel von der Industriegesellschaft hin zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft, verbunden mit den Entwicklungen durch Globalisierung und Digitalisierung, haben sich auch die Ansprüche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewandelt. Mit dem Modell „New Work“ des Philosophen Frithjof Bergmann soll vor allem Selbstbestimmtheit und Sinnhaftigkeit der Arbeit im Fokus stehen. Ein erfolgreiches Funktionieren des „New-Work“-Modells verlangt die Vernetzung von drei Bereichen: eine räumliche und zeitliche Neustrukturierung der Arbeitsumgebung, die Schaffung von technischen Strukturen sowie Organisations- und Prozessstrukturen, die flexible Teams ermöglichen.
Was bedeuten die Veränderungen in der Arbeitsweise für Führungskräfte?
Eine moderne Führungskraft fungiert nicht mehr ausschließlich als Kontroll- und Weisungsinstanz. Von Führungskräften wird Empathie und Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert. Die zentrale Aufgabe der Führungskräfte ist das Vorleben einer klaren Mission und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Eigenverantwortung zu befähigen. Die Führungskräfte sind gefordert „loszulassen“, um Zusammenarbeit mit Wertschätzung zu ermöglichen. Natürlich sei dafür ein gemeinsam definierter Werte- und Führungsrahmen mit klaren Zielen und einem aussagekräftigen Performance-Managementsystem erforderlich. Im Jahr 2033 werden 60 Prozent der derzeit aktiven Führungskräfte und 50 Prozent des Personals in den Ruhestand versetzt. Das verlangt eine Anpassung des Arbeitgebers an die Anforderungen der jungen Generation, um Personalproblemen vorzubeugen. Das Innenministerium muss von der „Generation Z“ (1996-2010) als attraktiver Arbeitgeber gesehen werden. Für frühere Generationen galt das BMI als attraktiver Arbeitgeber aufgrund der Sicherheit des Arbeitsplatzes und der geregelten Arbeitszeiten. Für die Generation Z hat die Sinnhaftigkeit des Berufs einen höheren Stellenwert. Ein Punkt, an dem das Innenressort anknüpfen kann: Man leistet mit seiner Arbeit einen Beitrag zur Sicherheit der Bevölkerung des Landes. Zu den weiteren Erfordernissen für einen ansprechenden Beruf gehören für die jungen Generationen Selbstbestimmtheit und flexible Arbeitszeiten.
Einen Schlüsselfaktor bildet die Gestaltung der Bürowelt. Arbeitsräume müssen künftig anders gestaltet werden, um trotz Homeoffice, mobiler Arbeitsmöglichkeiten und flexibler Zeitgestaltung als Dreh- und Angelpunkt eines „Wir-Gefühls“ zu fungieren. Dies wird eine der Herausforderungen für das Innenressort, um kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Beruf gewinnen zu können. Um es nicht nur theoretisch abzuhandeln, sondern auch nachhaltige Erfahrungen für die Praxis zu gewinnen, realisiert Markus Richter mit den 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Zentrums das New-Work-Modell als „Reallabor“ im Rahmen des „Future-of-Work-Projektes“ des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS).
Viktoria Löb
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2023
Druckversion des Artikels (PDF 143 kB)