Rechtsgrundlagen
Die Rechtsgrundlage für die Europäische Bürgerinitiative im Primärrecht der Europäischen Union findet sich in Art. 11 Abs. 4 des Vertrages über die Europäische Union („Vertrag von Lissabon“):
“Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Europäische Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen.”
Aus Art. 11 des Vertrages über die Europäische Union in Verbindung mit Art. 24 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergibt sich, dass die Verfahren und Bedingungen der Bürgerinitiative durch eine Verordnung des Rates und des Europäischen Parlaments festzulegen sind.
Seit Beginn des Jahres 2020 gilt anstelle der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 vom 16. Februar 2011, die Verordnung (EU) 2019/788 vom 17. April 2019. Diese Verordnung, mit der das bestehende System der Europäischen Bürgerinitiative weiterentwickelt wurde, ist unmittelbar in allen Mitgliedstaaten anwendbar. Dessen ungeachtet ist den Mitgliedstaaten in einigen Punkten die Festlegung von Behörden und die inhaltliche Ausgestaltung bestimmter Vorgangsweisen überlassen, wobei bereits mit Einführung der Europäischen Bürgerinitiative im Jahr 2012 in vielen Staaten, so auch in Österreich, weitreichende Gesetzesänderungen erfolgt waren. Die Mindestanzahl der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner je Mitgliedstaat ist mit der Delegierten Verordnung (EU) 2024/1082 der Kommission, die Anhang I der Verordnung (EU) 2019/788 ersetzt hat, seit 16. Juli 2024 neu festgelegt (in Österreich:14.400).
Verfassungsrechtlich wurde die Zuständigkeit des Bundes für die Europäische Bürgerinitiative in Gesetzgebung und Vollziehung in Art. 10 B-VG aufgenommen; die systematische Einordnung erfolgte im „wahlrechtlichen Artikel“ des Art. 26a B-VG. Mit der Vollziehung der Europäischen Bürgerinitiative ist die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Inneres betraut. Im Bundesministeriengesetz 1986 wurde der Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Inneres um Angelegenheiten der Europäischen Bürgerinitiative erweitert. Nationale Kontaktstelle im Sinne der neuen Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative ist das Bundesministerium für Inneres. Ein eigenständiges Gesetz („Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz“) regelt insbesondere die innerstaatlichen Behörden-Zuständigkeiten (Zertifizierung von individuellen Online-Sammelsystemen und Überprüfung von Unterstützungsbekundungen durch die Bundeswahlbehörde), Sanktionen für strafbare Handlungen, datenschutzrechtliche Angelegenheiten und Rechtsschutzfragen. So wie in allen übrigen Wahlangelegenheiten ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) durch eine Ausnahmeregelung im Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG) nicht anwendbar. Gemäß der nunmehr geltenden Verordnung wurde von der Kommission ein zentrales Online-Sammelsystem eingerichtet (vgl. Art. 10 der Verordnung (EU) 2019/788).
Rechtsquellen
- Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative im EUR-LEX (in allen Sprachen der EU) sowie die Neufassung des Anhanges I dieser Verordnung durch die delegierte Verordnung (EU) 2024/1082 der Kommission vom 6. Februar 2024 im EUR-LEX (in allen Sprachen der EU)
- Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz (EBIG)
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