Das BMI-Engagement in der Europäischen Union

Die Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union bietet die Union ihren Bürgerinnen und Bürgen unter anderem einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist. Begleitend dazu sind allerdings europaweit abgestimmte Maßnahmen für die Kontrolle an den Außengrenzen, das Asylwesen, die Einwanderung sowie für die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität notwendig.

Der Aufbau dieses Raumes geht auf die Mitte der 1970er Jahre zurück, als die Mitgliedstaaten begannen, auf informeller, zwischenstaatlicher Ebene außerhalb des Gemeinschaftsrahmens in den Bereichen Justiz und Inneres zusammenzuarbeiten.

Im Juni 1976 fand das erste Treffen der sogenannten TREVI – Gruppe* statt. Ihr Hauptanliegen war es, über eine Zusammenarbeit der europäischen Polizeikräfte zu einer effektiveren Bekämpfung des politisch motivierten und grenzüberschreitenden Terrorismus zu gelangen.

Am 14. Juni 1985 unterzeichneten Deutschland, Frankreich und die Benelux-Länder das „Übereinkommen betreffend den schrittweise Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen“ (Schengener Übereinkommen), das eine wesentliche Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres darstellte. Mittlerweile sind 25 europäische Staaten Schengenvollmitglieder.

Ziel des Schengener Übereinkommens war es, den Bürgern der EU-Staaten die Reisefreiheit ohne Kontrollen an den Binnengrenzen zu garantieren. Diese Reisefreiheit sollte freilich von flankierenden Maßnahmen bei der Überwachung der Außengrenzen, der Visumpolitik, der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen begleitet werden.

Vertrag von Maastricht

Mit dem Vertrag von Maastricht über die Europäische Union, der am 1. November 1993 in Kraft trat, wurde die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres in den Rahmen der EU einbezogen. Damit wurde das sogenannte Säulen- oder Tempelmodell mit seinen drei Säulen begründet.

Die für das Innenministerium wichtige sogenannte Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres befand sich seitdem in der „dritten Säule“. Dort wurden die Rechtsakte einstimmig angenommen. Das Hauptentscheidungsorgan war der Rat. Das heißt, die Entscheidungen wurden allein von den Ministern der Mitgliedstaaten getroffen. Das Europäische Parlament hatte hier kaum Einflussmöglichkeiten. Die Mitgliedstaaten hatten das Recht, neue Rechtsakte vorzuschlagen.

Vertrag von Amsterdam

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam am 1. Mai 1999 wurden die bis dahin außerhalb des Rahmens der Union bestehenden Regelungen des Schengener Übereinkommens Teil des EU-Rechts.

Gleichzeitig wurden Teile der „dritten Säule“ in die „erste Säule“ überführt. Dies betraf die Bereiche Grenzschutz, Visa, Asyl und Einwanderung. Für diese Bereiche bedeutete das, dass der Kommission seitdem das alleinige Recht zukam, neue Rechtsakte vorzuschlagen. Der Rat entschied gemeinsam mit dem Europäischen Parlament über die Rechtsakte. Im Rat war keine Einstimmigkeit mehr notwendig, es reichte die qualifizierte Mehrheit der Stimmen für die Annahme von Rechtsakten.

Die „dritte Säule“ umfasste seitdem nur noch die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.

Vertrag von Lissabon

Diese für rund zehn Jahre bestehende Struktur wurde mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 aufgelöst. Für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts brachte die neue Rechtsgrundlage der Union erhebliche Änderungen mit sich. Im Wesentlichen gelten nunmehr für alle Bereiche dieselben Regeln.

Einer der Kernpunkte des Vertrages von Lissabon ist, dass das Mitentscheidungsverfahren, nach dem der Rat und das Europäische Parlament gemeinsam Entscheidungen treffen, zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und auf fast den gesamten Bereich für Justiz und Inneres ausgeweitet wurde. Auch erhielt die Europäische Kommission für fast sämtliche Maßnahmen das alleinige Initiativrecht. Das Prinzip der einstimmigen Entscheidung im Rat bleibt nur in Ausnahmefällen, etwa in der operativen polizeilichen Zusammenarbeit, weiter bestehen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Vertrag von Lissabon gerade im Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts einen wesentlichen Schritt in Richtung Europäisierung und stärkere Integration der Mitgliedstaaten brachte.

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