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  3. Europäische Union

Europäische Union

Digitales im EU-Kontext

EU-Gesetze wie der „Digital Service Act“ (DSA) und der „Digital Markets Act“ (DMA) verändern Europas digitalen Raum grundlegend.

Streamingdienste wurden in letzter Zeit vermehrt Zielscheibe von Angriffen
Streamingdienste wurden in letzter Zeit vermehrt Zielscheibe von Angriffen
© PixelboxStockFootage - stock.adobe.com

Die Digitalisierung verändert die Gesellschaft rasant. Online-Plattformen, künstliche Intelligenz und digitale Märkte prägen nicht nur unser Alltagsleben, sondern auch die innere Sicherheit, den Datenschutz und die wirtschaftliche Entwicklung. Die Europäische Union reagiert auf diese Herausforderungen mit einer Reihe von Regelungen, die darauf abzielen, Sicherheit, Grundrechte und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Auch die österreichische Verwaltung ist davon betroffen. Die Nutzung digitaler Plattformen für sicherheitsrelevante Informationen, der Einsatz von künstlicher Intelligenz im öffentlichen Bereich sowie der Schutz personenbezogener Daten stehen dabei im Fokus. Ein Überblick über die Regelwerke zum digitalen Binnenmarkt beleuchtet deren Bedeutung dafür, insbesondere für das Bundesministerium für Inneres (BMI).

Grundlagen und Zielsetzung.

Der digitale Binnenmarkt ist ein strategisches Vorhaben der EU, um digitale Angebote europaweit zu harmonisieren. Dabei sollen Innovationspotenziale ausgeschöpft, die digitale Souveränität Europas gestärkt und hohe Standards bei Datenschutz und Sicherheit gewahrt werden.
Mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) schafft die EU ein einheitliches Regelwerk für digitale Dienste und Märkte. Für das BMI sind diese Gesetze besonders relevant, da Plattformen zunehmend sicherheitsrelevante Funktionen übernehmen.
Die beiden Verordnungen verfolgen zwei Kernziele:

  • Schaffung eines sichereren digitalen Raums, in dem Grundrechte geschützt werden und
  • die Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen, um Innovation und Wachstum zu ermöglichen.

Digitale Dienste umfassen vielfältige Online-Angebote: Websites, soziale Netzwerke, App-Shops, Marktplätze oder Reiseplattformen. Der DSA regelt die Verantwortung von Online-Vermittlern und Plattformen, wobei sehr große Online-Plattformen (VLOPs) mit über 45 Millionen Nutzern besonderen Pflichten unterliegen.
Der DMA gilt für Gatekeeper-Plattformen – marktmächtige Anbieter, die zentrale Zugangspunkte zu digitalen Diensten darstellen. Diese Plattformen dürfen ihre Stellung nicht missbrauchen, um den Wettbewerb zu behindern.

Zukunftsperspektiven.

Auch Europol betont, dass der Einsatz von KI in der Gefahrenabwehr nur unter Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien erfolgen darf. Künstliche Intelligenz kann polizeiliche Arbeit revolutionieren – vorausgesetzt, sie wird verantwortungsvoll und transparent eingesetzt. (Europol AI-Policy Brief 2023).
Das BMI sieht sich künftig verstärkt mit der Notwendigkeit konfrontiert, digitale Lösungen nicht nur zu nutzen, sondern mitzugestalten. Im Zentrum steht der verstärkte Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI), insbesondere im Bereich der Gefahrenprognose, Krisenkommunikation und Cyber-Sicherheit. Zukünftige KI-Systeme werden nicht nur Daten analysieren, sondern komplexe Entscheidungen vorbereiten etwa bei großflächigen Lagen oder digitalen Ermittlungsmethoden. Ein weiterer Fokus liegt auf der Entwicklung sicherer, nutzerfreundlicher Verwaltungs-Apps für Bürgerinnen und Bürger. Die Entwicklung einer multifunktionalen App, die nicht nur Bürgerinformationen liefert, sondern auch direkte Kontaktaufnahme mit Sicherheitsbehörden ermöglicht – verschlüsselt, datenschutzkonform und barrierefrei ist überlegenswert. Solche Anwendungen stärken das Vertrauen in digitale Verwaltung und ermöglichen einen modernen, bürgernahen Staat.

Internet-Kriminalität und Streamingdienste.

Laut Europol gehören Angriffe auf digitale Medienplattformen zu den am schnellsten wachsenden Feldern der organisierten Internetkriminalität. Streaming-Plattformen, insbesondere solche mit jungem Zielpublikum, sind im Visier organisierter Tätergruppen, die sich modernster Täuschungstechniken bedienen. (Europol, IOCTA Bericht 2024). Mit dem digitalen Wandel nimmt die Cyber-Kriminalität zu. Besonders betroffen sind Streamingdienste, die Zielscheibe von Angriffen sind – sowohl auf technischer Ebene als auch durch Manipulation von Inhalten. Versuche, über Phishing-Zugangsdaten zu erlangen, Deepfake-Inhalte einzuschleusen oder über Drittplattformen gefährliche Werbung einzublenden, nehmen zu. Gleichzeitig wird der rechtliche Rahmen analysiert, um die Verantwortung von Plattformbetreibern auch im Bereich des Kinderschutzes zu stärken. Cyber-Kriminalität im Streamingbereich zeigt exemplarisch, wie wichtig die enge Verzahnung von Strafverfolgung, Medienaufsicht und Plattformregulierung ist.

Plattform „KidFlix“.

Ein besonders aufsehenerregender Fall im Kontext digitaler Kriminalität war die internationale Operation gegen „KidFlix“. Diese Plattform, eine der weltweit größten ihrer Art für kinderpornografisches Material, wurde im März 2025 durch eine koordinierte Aktion des Bayerischen Landeskriminalamts, der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, Europol und internationaler Partner abgeschaltet. Die Behörden konnten auf rund 1,8 Millionen Nutzerkonten und über 72.000 Videos zugreifen. Die Täter nutzten dabei Verschlüsselung, Darknet-Zugänge und anonyme Bezahlmethoden. Die Plattform verfolgte ein Geschäftsmodell mit kostenpflichtigen Abonnements, verschiedenen Videoqualitäten und Zugangsschutz über mehrstufige Passwörter.
Für das BMI ist dieser Fall ein drastisches Beispiel für die Professionalisierung digitaler Kriminalität. Er zeigt, wie wichtig internationale Zusammenarbeit, spezialisierte Ermittlungsgruppen und rechtssichere Zugriffsmöglichkeiten auf Plattform- und Nutzungsdaten sind. Gleichzeitig verdeutlicht er den Bedarf an präventiven Mechanismen – etwa durch Plattformüberwachung, Risikoklassifizierungen und verbesserte Meldesysteme für Verdachtsfälle. Der Fall unterstreicht die Bedeutung von Schulung und digitaler Kompetenz innerhalb der Sicherheitsbehörden. Das BMI investiert verstärkt in digitale Forensik, analysiert neue Kommunikationskanäle und erweitert seine Kapazitäten im Bereich Cyber-Intelligence.

Ausblick.

Die Europäische Union verfolgt mit DSA, DMA und dem AI-Act ein ambitioniertes Ziel: die digitale Transformation Europas auf ein solides rechtliches Fundament zu stellen. Der digitale Raum soll nicht nur innovationsfreundlich, sondern auch sicher, gerecht und transparent sein. Das BMI steht dabei an der Schnittstelle zwischen staatlicher Sicherheit, technologischer Entwicklung und dem Schutz der Grundrechte. Es übernimmt die Verantwortung, digitale Instrumente zum Schutz der Bevölkerung zu nutzen, dabei jedoch stets die hohen europäischen Datenschutz- und Ethikstandards zu wahren.
Die innere Sicherheit endet nicht an der Landesgrenze. Wir müssen digitale Räume genauso schützen wie physische. Das BMI setzt auf moderne Technologie, starke Partnerschaften in der EU und klare rechtliche Leitplanken. Dabei gilt es, die Zusammenarbeit mit europäischen Institutionen, anderen Mitgliedsstaaten und privaten Plattformanbietern auszubauen.
Auch der Ausbau interner Kompetenzen – insbesondere im Bereich KI, Datenanalyse und digitaler Grundrechtsschutz – wird für das Ministerium zentral sein. Die Balance zwischen Sicherheit, Datenschutz und technologischem Fortschritt bleibt dabei eine Daueraufgabe.

Helgo Eberwein/Anita Otonicar


​Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2025

 Druckversion des Artikels (pdf, 121 kB)

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