Finanzstrafrechtliches Forum 2025
Entwicklungen im Finanzstrafrecht
Expertinnen und Experten aus der Justiz, Verwaltung, Wissenschaft und Beratung diskutierten beim „Forum für Praktiker im Finanzstrafrecht“ Entwicklungen im Recht, der Rechtsprechung und Strafverfolgung.
Finanzstrafrechtliches Forum: Robert Kert, Raphaela Bauer-Raschhofer, Christian Ackerler, Michaela Schmutzer, Mario Felice, Simon Stürzer, Rainer Obermann, Stephan Kalchhauser, Rainer Brandl, Norbert Schrottmeyer
© LeitnerLeitner
Das 16. Forum für Praktiker im Finanzstrafrecht fand am 16. Juni 2025 in Wien statt. Die von Leitner-Leitner (Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) gemeinsam mit dem Institut für Österreichisches und Europäisches Wirtschaftsstrafrecht der Wirtschaftsuniversität Wien organisierte Fachveranstaltung brachte Vertreter aus Verwaltung, Justiz und Beratung zusammen.
Die Tagung bot praxisnahe Impulse für die tägliche Arbeit mit finanzstrafrechtlichen Sachverhalten. Norbert Schrottmeyer von Leitner-Leitner, betonte die Relevanz des interdisziplinären Austauschs zwischen Verwaltung, Justiz und Beratung. Ziel des Forums sei es, ein vertieftes Verständnis für aktuelle Entwicklungen im Finanzstrafrecht zu fördern.
Amt für Betrugsbekämpfung.
Christian Ackerler vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) gab einen Überblick über die Tätigkeiten des Amtes für Betrugsbekämpfung (ABB). In der 2021 neu strukturierten Behörde sind zentrale Aufgaben gebündelt, wie Finanzpolizei; Steuerfahndung, Finanzstrafsachen sowie internationale Zusammenarbeit.
2024 wurden mehr als 6.000 Finanzstrafverfahren abgeschlossen und über 107 Millionen Euro an Abgaben nacherhoben. Das Volumen sichergestellter digitaler Daten belief sich auf 159,6 Terabyte. Darüber hinaus wurden 195 Scheinunternehmen aufgedeckt, 148 Hausdurchsuchungen vorgenommen, über 53.000 Arbeitnehmer in rund 26.600 Betrieben kontrolliert.
Schwerpunkte der Ermittlungen lagen bei USt-Betrugsmodellen, wie den „Umsatzsteuerkarussellen“, in der Gastronomie die Entwicklung und Verkauf manipulierter Registrierkassensysteme, Scheinunternehmen oder illegales Glücksspiel. „Überraschungen“ gab es in allen Branchen. Besonders dreist waren „Vereinsverkäufe“, bei denen Vereine zur Verschleierung des eigentlichen Zwecks als gemeinnützig dargestellt wurden, um Steuerzahlungen zu umgehen. Auch die neuen rechtlichen Möglichkeiten, die durch das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 geschaffen worden sind, haben Wirkung gezeigt, wie die Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung oder die Neudefinition des Begriffs „Vermögenswerte“. Dieser ist nun technologieneutral und umfasst auch Kryptowerte und Wertpapiere. Im Jahr 2025 bildet ein Schwerpunkt die Stärkung des IT-Bereichs im ABB, denn die Auswertung digitaler Datenbestände durch „Predictive Analytics“ ist ein zunehmend wichtiger Bereich.
Einblicke in Verwaltungspraxis und Rechtsprechung.
In Fachvorträgen wurden Perspektiven auf finanzstrafrechtliche Herausforderungen geboten. Mario Felice (ABB), Michaela Schmutzer, Bundesfinanzgericht (BFG) und Rainer Brandl (Leitner-Leitner) diskutierten rechtliche Grundlagen und praktische Empfehlungen zur Durchführung von Einvernahmen und Protokollierung und boten Einblicke in die gerichtliche Praxis.
Stephan Kalchhauser (BMF) gab einen Überblick über die kürzlich verabschiedeten Gesetzesinitiativen zur Betrugsbekämpfung und einen Ausblick auf geplante Änderungen beim Thema Strafbarkeit von zu hoch erklärten Verlusten.
Richterin Michaela Schmutzer analysierte anhand von gerichtlichen Entscheidungen praxisrelevante Fragen der Tatenbestimmung.
Simon Stürzer und Rainer Obermann (Staatsanwaltschaft Wien) beleuchteten Tatbegriffe im gerichtlichen Finanzstrafverfahren, insbesondere im Kontext der Umsatzsteuer. Sie gaben anhand von Fällen Einblick in die Praxis, etwa mit einem aktuellen Fall von „Scheinrechnungshandel“.
Robert Kert und Raphaela Bauer-Raschhofer (WU Wien) referierten über den Rücktritt vom Versuch im Finanzstrafrecht. Die Vortragenden diskutierten die Voraussetzungen und Unterschiede zur tätigen Reue anhand ausgewählter Fallkonstellationen.
Podcast und Tagung.
Begleitend zur Veranstaltung wurde auf den neuen Podcast „Tatort Steuern – Der Podcast für Finanzstrafrecht“ hingewiesen. Dieser bietet wöchentlich Beiträge zu Gesetzesänderungen, neuen Entscheidungen und praktischen Fragen der Verteidigung.
Die nächste Veranstaltung, die 29. Finanzstrafrechtliche Tagung, findet am Donnerstag, 9. Oktober 2025, in Linz, zum Thema „Grundrechtsschutz im Wirtschafts- und Finanzstrafrecht“ statt.
Michaela Jana Löff
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2025
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