Hate-Crime-Bericht
Mehr Vorurteils-Delikte
2024 wurden 6.786 Hate-Crime-Delikte mit 7.614 Vorurteilsmotiven angezeigt, mehr als jemals zuvor. Das bedeutete eine Steigerung von rund 20 Prozent gegenüber 2023.
Opfergruppen: strafrechtlich geschützte Identitätsmerkmale und deren Ausprägungen
© BMI
Menschen mit Behinderungen sowie deren Begleitpersonen wurden in der U-Bahn angespuckt und getreten bzw. aus der Behindertentoilette verjagt und geschlagen. Opfer wurden vor Attacken nach ihrer Herkunft befragt. Frauen wurden bei einem Fastfood-Restaurant von Männern beleidigt und mit einem Messer bedroht, weil ihre Outfit als „unpassend“ angesehen wurden. Es wurden Hakenkreuz-Tattoos an Tätern gesichtet. All diese Vorfälle haben das Vorurteilsmotiv gemeinsam, aufgrund dessen eine vorurteilsmotivierte Straftat („Hate-Crime“, „Bias-Crime“ oder „Message-Crime“) gegen eine Person, Objekt wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer rechtlich geschützten Opfergruppe online oder offline begangen oder die Ablehnung unserer „westlichen Demokratie“ ausgedrückt wurde.
2024 wurden 6.786 Hate-Crime-Delikte mit 7.614 Vorurteilsmotiven dokumentiert, mehr als jemals zuvor und 20 Prozent mehr als 2023. Dies liegt an einer gestiegenen Anzeigebereitschaft und intensiveren polizeilichen Ermittlungen. Die Aufklärungsquote lag mit 67 Prozent über der Aufklärungsquote der Gesamtkriminalität in Österreich (53 Prozent). Die stärksten Steigerungen der Zahl an Anzeigen gab es in der Steiermark und Tirol.
Weltanschauliche, religionsfeindliche und rassistische Motive.
3.935 Fälle hatten Weltanschauung als Motiv – hier dominierten Verstöße gegen das NS-Verbotsgesetz, Sachbeschädigungen und Verhetzungen. Drei Viertel aller Hasspostings waren Verstöße gegen das Verbotsgesetz, wobei das Internet der häufigste registrierte Tatort war (1.969 Motive). Es folgen Vorurteilsmotive wegen nationaler/ethnischer Herkunft 1.581, Religion 763, Hautfarbe 417, sexueller Orientierung 317, Geschlecht 238, sozialem Status 136, Behinderung 125 und Alter 102.
In der Kategorie „Religion“ wurde Antisemitismus vor Muslimfeindlichkeit am öftesten erfasst. Zwei Drittel der antireligiösen Hasspostings waren antisemitisch und ein Drittel antimuslimisch. Bei vorurteilsmotivierten Angriffen auf Sakralstätten handelte es sich um Sachbeschädigungen, vor allem mit christenfeindlichen Motiven.
Verglichen mit der Gesamtkriminalität waren die ausgeforschten Verdächtigen häufiger Jugendliche und männlich (86 Prozent) mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Der Anteil fremder Staatsbürgerschaft war bei Hate-Crime-Delikten mit 26 Prozent weit niedriger als bei der Gesamtkriminalität mit 47 Prozent. Vor allem bei „Weltanschauung“ und „Hautfarbe“ war nur jeder fünfte Verdächtige Fremder. Diese Trends erhärten sich seit 2021. Unter den 1.619 erfassten Gewaltopfern waren zwei Drittel männlich.
Bei der Veröffentlichung des Hate-Crime-Berichts am Europäischen Aktionstag für Hate-Crime-Opfer am 22. Juli 2025 betonte Innenminister Gerhard Karner: „Wir müssen als Gesellschaft gegen jede Form der Hasskriminalität auftreten. Alle von Hate-Crime betroffenen Menschen sollen in unserem Land jene Hilfe und jenen Schutz erhalten, den sie brauchen. Wie konsequent die Polizei gegen Hasskriminalität vorgeht, zeigt auch ein Großeinsatz Ende März 2025, bei dem 15 Personen eines organisierten Verbrecher-Netzwerks festgenommen werden konnten.“ Seit August 2020 wird die Polizei im Erkennen und Erfassen von Vorurteilsmotiven österreichweit geschult. Am 1. November 2020 wurde die Hate-Crime-Erfassung im polizeilichen Protokollierungsprogramm freigeschaltet. Die Daten werden mittels „Elektronischen Rechtsverkehrs (ERV)“ an die Justiz übertragen und seit April 2025 werden sie dort wie bei der Polizei statistisch erfasst.
Den Lagebericht Hate Crime 2024 und weitere Informationen finden Sie www.bmi.gv.at/408/Projekt/start.aspx
Richard Melichar
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2025
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Grafik "Opfergruppen: strafrechtlich geschützte Identitätsmerkmale und deren Ausprägungen" (Textversion)
Identitätsmerkmale
- Alter
- Behinderung
- Körperbehinderung / Sinnesbeeinträchtigung
- Psychische / Kognitive Behinderung
- Geschlecht
- Divers / Inter
- Frau
- Mann
- Trans
- Andere
- Hautfarbe
- Nationale, Ethische Herkunft
- Religion
- Christen
- Juden
- Muslime
- Andere
- Sexuelle Orientierung
- Bisexuell
- Heterosexuell
- Homosexuell
- Sozialer Status
- Weltanschauung
- Parteien
- Westliche Demojratie
- Andere