Europäische Kommission
Mehr Sicherheit in Europa
Die am 18. Juli 2024 wiedergewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Europäischen Parlament ihre politischen Leitlinien für die Amtszeit der nächsten EU-Kommission vorgestellt.
Europol: Das Personal des europäischen Polizeiamtes soll auf mehr als das Doppelte aufgestockt werden
© Europol
Frontex: Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache soll personell und technisch gestärkt werden
© Jürgen Makowecz
Mit Verweis auf den Letta- beziehungsweise Draghi-Bericht ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas – neben anderen Prioritäten wie Sicherheit, dem Green Deal und Migration – das zentrale Thema dieser Leitlinien, die das (legislative) Arbeitsprogramm der neuen EU-Kommission mitbestimmen werden.
Die Kommissionspräsidentin hat Kommissare und Kommissarinnen gemäß den Vorschlägen der EU-Mitgliedstaaten ausgewählt und ihnen Portfolios zugewiesen. Die parlamentarische Anhörungen zur Bestätigung dieser designierten Kommissarinnen und Kommissare sowie die Abstimmung des Europäischen Parlaments über die Ernennung der gesamten Kommission sind für Oktober/November 2024 vorgesehen. Auf der Grundlage dieser Zustimmung wird die Kommission vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt.
In Bezug auf Krisenresilienz und Sicherheit enthalten die Leitlinien insbesondere folgende Vorschläge:
Strategie der Union zur Krisenvorsorge.
Eine Strategie der Union zur Krisenvorsorge soll sich an dem Bericht über die zivile und militärische Vorsorge der EU orientieren, den der ehemalige finnische Präsident Sauli Niinistö noch 2024 vorlegen wird. In diesem Zusammenhang werden die weitere Stärkung der Cyber-Abwehrkapazitäten, die Koordinierung der nationalen Cyber-Abwehrmaßnahmen und die Sicherung der kritischen Infrastruktur einen besonderen Fokus finden. Darüber hinaus braucht Europa einen gemeinsamen Ansatz zur Prävention und Abwehr neuartiger Bedrohungen, etwa im Zusammenhang mit chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen (CBRN) Sicherheitsrisiken sowie zur Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen für medizinische Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Gesundheit.
Mehr Sicherheit in Europa.
Maßnahmen gegen die organisierte Kriminalität in Europa bedürfen der Planung einer neuen europäischen Strategie für die innere Sicherheit. Es sollen Sicherheitsaspekte durchgängig im Recht und in der Politik der EU berücksichtigt werden.
Die Kommissionspräsidentin wird sich dafür einsetzen, dass den Strafverfolgungsbehörden geeignete, moderne Instrumente für den rechtmäßigen Zugriff auf digitale Daten zur Verfügung gestellt werden sollen, ohne die Grundrechte anzutasten.
In diesem Zusammenhang soll das Personal des europäischen Polizeiamtes Europol auf mehr als das Doppelte aufgestockt werden. Ziel ist eine stärkere Aufsicht und ein robusteres Mandat zur Unterstützung der nationalen Strafverfolgungsbehörden.
Es wird auch eine neue Agenda für Terrorismusbekämpfung angekündigt, im Hinblick auf neue Bedrohungen, so auch durch die Online-Dimension oder die Veränderungen in der weltweiten Sicherheitsarchitektur, gegen die Terrorismusfinanzierung und gegen Radikalisierungstendenzen.
Stärkere gemeinsame Grenzen.
Ein europäisches digitales Grenzmanagement zur besseren Sicherung der Grenzen ist eine weitere Priorität der wiedergewählten Kommissionspräsidentin, um irreguläre Grenzübertritte zu verhindern und die EU vor einem Anstieg hybrider und anderer Sicherheitsrisiken zu schützen. Die Grundlage dafür soll das integrierte Grenzmanagement darstellen. Frontex soll gestärkt werden und insbesondere mit modernster Technologie für die Überwachung und Lageerfassung ausgestattet werden. Die Mitarbeiterzahl der Europäischen Grenz- und Küstenwache soll auf 30.000 verdreifacht werden.
Ziel ist auch eine engere Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Bereich der Grenzsicherheit, so soll eine Strategie für eine EU-Visumpolitik ausgearbeitet werden, mit der ein besseres Migrationsmanagement erreicht werden soll. Für die Grenzsicherheit ist es zudem überaus wichtig, einen vollständigen und voll funktionierenden Schengen-Raum der Freizügigkeit sicherzustellen.
EU-Kommission: Wichtig sei es, das Migrations- und Asylpaket umzusetzen © Gerd Pachauer
Die Migration ist eine europäische Herausforderung, die einer europäischen Lösung bedarf. Deshalb ist es so wichtig, den Migrations- und Asylpaket umzusetzen. Es braucht eine europäische Migrations- und Asylstrategie, um zukunftsorientierten Visionen einen Rahmen zu geben und an künftige Herausforderungen anzupassen. Ein neuer Ansatz für Rückführungen soll ausgearbeitet werden, der mit einem neuen Rechtsrahmen einhergehen soll, der für schnellere und einfachere Verfahren sorgen und sicherstellen soll, dass bei den Rückführungen die Würde der Menschen geachtet wird, das Fallmanagement digitalisiert wird und Rückkehrentscheidungen europaweit gegenseitig anerkannt werden. Österreich stellt mit Magnus Brunner den designierten EU-Kommissar für Inneres und Migration.
Strategische Partnerschaften mit Drittstaaten sollen vertieft werden und neue Partnerschaften sollen mit klaren Verantwortlichkeiten und Pflichten einhergehen.
Zusammenfassend werden eine Reihe von Herausforderungen und möglichem Bedarf an Reformen in verschiedenen Tätigkeitsfeldern des Bundesministeriums für Inneres und seiner nachgeordneten Behörden zu betrachten sein. Die Erfahrung mit der Umsetzung der bisherigen europäischen Vorgaben und Standards werden helfen in der nationalen Sicherheitspolitik die Leitlinien in den zuvor genannten Themenfeldern auf die einzelnen Organisationseinheiten herunterzubrechen.
In diesem Zusammenhang wird auch der BMI-Vorschaubericht die wichtigsten Themen der EU mit Ressortkonnex darstellen, die im jeweiligen Jahr in den Ressortbereichen europäische und internationale Angelegenheiten zu behandeln sind. Als Grundlage für diese Vorschau werden insbesondere das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das jeweilige Jahres- und das Achtzehnmonatsprogramm des Rates zum jeweiligen EU-Ratsvorsitz herangezogen.
Jede Bundesministerin/jeder Bundesminister übermittelt jährlich einen Bericht an das Parlament, in dem die EU-Vorhaben seines Wirkungsbereichs dargestellt werden. Das Bundesministerium für Inneres wird dieser gesetzlichen Übermittlungspflicht bis zum 31. Jänner 2025 für das Jahr 2025 wieder nachkommen.
Basis sind Artikel 23 f Abs. 2 B-VG sowie der Beschluss des Ministerrates vom 17. November 2004 betreffend das Zusammenwirken von Bundesregierung und Parlament in EU-Angelegenheiten. Der Bericht ist dem Parlament gemäß § 7 EU-Informationsgesetz (BGBl I Nr. 113/2011) bis zum 31. Jänner eines jeden Jahres zu übermitteln. Dies dient dazu, die Mitwirkungsrechte des österreichischen Parlaments in der europäischen Rechtssetzung zu stärken und dadurch Transparenz im europäischen Entscheidungsprozess zu gewährleisten.
Anita Otonicar/Helgo Eberwein
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2024
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