Hongkong
Viktorianische Polizei
Die historische Polizeistation, der Magistrat mit dem Gerichtshof und das ehemalige Gefängnis in Hongkong wurden zu einem Museums- und Kulturkomplex umgestaltet.
Viktorianisches Gefängnis; historische Polizeizentralstation in Hongkong: heute Museums-, Kunst- und Kommerzzentrum © Werner Sabitzer
Während des ersten „Opiumkrieges“ besetzten britische Truppen am 26. Januar 1841 die chinesische Insel Hongkong. Im August 1842 wurde die Qing-Regierung gezwungen, mit Großbritannien einen Vertrag abzuschließen und die Insel Hongkong an die Briten abzutreten. Der für Recht und Ordnung zuständige britische Offizier William Caine stellte eine kleine Sicherheitstruppe aus Soldaten auf und im Mai 1844 trat die erste Polizeiverordnung in Kraft. Aus England wurden erfahrene Polizisten rekrutiert. Gleichzeitig wurde das Rechtssystem reorganisiert und ein Oberster Gerichtshof sowie ein Generalanwalt eingerichtet. Major William Caine wurde Chef für die internen Angelegenheiten, er war zuständig für die Polizei, das Verwaltungsgericht und das Gefängnis.
Die Briten errichteten im Lauf der Jahre oberhalb der ersten Siedlung das Hauptquartier der Polizei, den Magistrat mit dem Gerichtshof und das Victoria-Gefängnis. Die letzten Bauten wurden um 1930 fertiggestellt. Der Gebäudekomplex, genannt „Tai Kwun“ („Große Wache“), liegt zwischen Hollywood Road, Arbuthnot Road, Chancery Lane und Old Bailey Street und steht heute unter Denkmalschutz. Die Gebäude umgeben einen großen Platz, den Parade Ground. Das Areal hat längst seine ursprünglichen Zwecke verloren. Die Polizeizentrale, die Verwaltung und das Gefängnis befinden sich in modernen Gebäuden.
Der im Juni 1898 von den Briten in Peking abgeschlossene Pachtvertrag Hongkongs, weiterer Inseln und Gebiete auf dem Festland (New Territories) für 99 Jahre lief Ende Juni 1997 ab. Das Pachtgebiet fiel mit 1. Juli 1997 an die Volksrepublik China zurück. China hatte schon 1984 garantiert, dass Hongkong für 50 Jahre nach der Übernahme Sonderverwaltungsgebiet (Special Administrative Region – SAR) bleibt, mit eigenem Grundgesetz und Sozialrecht sowie einer eigenen Währung, dem Hongkong-Dollar (Prinzip: „Ein Land, zwei Systeme“). Außerdem wird die gut gesicherte Grenze zum chinesischen Festland aufrechterhalten; es gibt restriktive Einreisebestimmungen. Die Volksrepublik China nimmt für Hongkong die Außen- und Sicherheitspolitik wahr; Hongkong hat aber eine eigene Regierung und eine eigene Flagge, die neben der chinesischen gleichberechtigt gehisst werden darf.
Im Sommer 2019 brachen in Hongkong Massenproteste gegen die Peking-nahe Regierung aus. Anlass war ein geplantes Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz in Strafsachen. Die Gegner des Gesetzesentwurfs befürchten, dass damit das liberale Rechtssystem Hongkongs ausgehöhlt und die weitgehende Unabhängigkeit Hongkongs von Peking eingeschränkt würde. Die Spannungen halten an.
Museen, Kunst und Kommerz.
2008 übergab die Regierung Hongkongs das Tai-Kwun-Areal dem einflussreichen Hong Kong Jockey Club zur Revitalisierung. Der Barackenblock mit Loggien und Arkaden stammt aus dem Jahr 1864. Südlich angeschlossen ist das historische Gefängnis mit Zellenbauten, dem einstigen Gefängnishof und einer hohen Mauer.
Das Areal wurde zu einem Museums-, Kunst- und Kommerzzentrum umfunktioniert. Bei der Revitalisierung wurden die beiden Höfe gepflastert. Das Umnutzungskonzept umfasste die Bereiche Gastronomie und Detailhandel, Geschichte (Museen) sowie Kunst (Galerien, Ausstellungen). Zwischen den historischen Gebäuden wurden zwei Neubauten errichtet.
Eine Ausstellung befasst sich mit der Geschichte der (Polizei-)Verwaltung, der Gerichtsbarkeit und des Strafvollzugs in Hongkong. Anhand von Bildern, Zeitungsausschnitten, Texten und anderen Exponaten werden geschichtliche Ereignisse rund um das alte Gefängnis, die Polizeistation und den Magistrat ab den 1840er-Jahren dargestellt.
Weitere Museen.
Ausstellung in der historischen Polizeizentralstation über die Geschichte der Polizei; historisches Magistratsgebäude © Werner Sabitzer
In Hongkong gibt es zwei weitere Museen, in denen die Geschichte der Polizei und des Strafvollzugs dargestellt wird. 1988 öffnete das Polizeimuseum in der Combee Street. Es widmet sich der Geschichte des Polizeiwesens ab 1841. Ausgestellt sind Dokumente, Bilder, Fahrzeuge, Waffen, Ehrenzeichen, Fälscherwerkzeug, Uniformen und Ausrüstungsgegenstände. Ein Raum befasst sich mit den kriminellen Triaden, in einem weiteren Raum wird der Rauschgifthandel anhand von Exponaten dargestellt. Die Geschichte des Polizeimuseums begann im Jahr 1964. Damals sammelte ein Komitee Berichte und Gegenstände aus der Geschichte des Polizeiwesens. 1976 entstand in der ehemaligen Polizeidirektion in der Arsenal Street ein Polizeimuseum, das 1982 in ein Gebäude im Stadtteil Wan Chai und sechs Jahre später in die Combee Street umzog.
Im 2002 eröffneten Hong Kong Correctional Services Museum geht es um die Geschichte des Strafvollzugs. Gängige Strafe war das Auspeitschen. Das Leben im Gefängnis war hart. Den Häftlingen sollte Disziplin, Arbeitsgewohnheiten und Gehorsam vermittelt werden. Die einzigen sinnvollen Arbeiten waren Wäschewaschen, Kochen, Putzen und Instandhaltungstätigkeiten.
Werner Sabitzer
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2024
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