Gedenkstätten für Exekutivbeamte (27)
Tod in der Eislawine
Österreichs höchstgelegene Gedenkstätte für im Dienst getötete Exekutivbeamte befindet sich in den Ötztaler Alpen. Eine Bronzetafel an einer Felswand erinnert an drei Tiroler Alpingendarmen, die am 13. September 1962 in einer Eislawine ums Leben kamen.
Gedenktafel in den Ötztaler Alpen für die tödlich verunglückten Gendarmen Friedrich Rainer, Anton Kendlbacher und Raimund Ertl © LPD Tirol
Tiroler Gendarmen absolvierten vom 3. bis 16. September 1962 in den Ötztaler Alpen einen Alpinkurs des Landesgendarmeriekommandos (LGK) für Tirol. Kursleiter war der erfahrene Alpinist und Gendarmerie-Abteilungskommandant in Kitzbühel, Oberstleutnant Friedrich Rainer. Der 48-jährige Bergführer Alpinreferent des LGK für Tirol hatte an 54 Alpinkursen teilgenommen und 17 von ihnen geleitet. Während der Alpinausbildung retteten die Alpingendarmen einige Bergsteiger, die in Bergnot geraten waren und nicht mehr weiterkonnten.
Am 13. September wollten die Gendarmeriebeamten das Gletschergebiet beim Taschachhaus durchsteigen. Bis auf zwei Bergführer, die eine andere Route wählten, beteiligten sich alle Gendarmen an dieser Tour zum Taschachjoch. Eine Seilschaft unter der Führung von Rayonsinspektor Anton Kendlbacher wollte danach noch zur Wildspitze aufsteigen, den mit 3.768 Metern zweithöchsten Berg Österreichs. Gegen elf Uhr löste sich unterhalb der „Pitztaler Urkund“ auf ca. 3.000 Metern Seehöhe eine circa zehn Meter hohe und zwanzig Meter breite Eiswand ab, donnerte in die Tiefe und begrub fünf Kursteilnehmer.
Kursleiter Friedrich Rainer, der 46-jährige Rayonsinspektor Anton Kendlbacher vom Gendarmerieposten (GP) Huben in Osttirol und der 25-jährige Raimund Ertl vom GP Bichlbach kamen dabei ums Leben. Die beiden anderen verschütteten Alpinisten, Leutnant Erich Bäumel und Gendarm Widmann überlebten verletzt. Bäumel erlitt eine Gehirnerschütterung und Widmann einen Wadenbeinbruch. Widmann wurde mit einer Seiltrage zum Moränenfeld unter dem Gletscher getragen und mit dem Hubschrauber in das Krankenhaus nach Innsbruck geflogen. Die drei Toten konnten erst am nächsten Tag geborgen werden. Friedrich Rainer wurde am 17. September 1962 in Wörgl beigesetzt, Raimund Ertl am selben Tag in Reutte und Anton Kendlbacher am 19. September in Matrei in Osttirol. Es handelte sich um das folgenschwerste Unglück in der Geschichte der Alpingendarmerie bzw. Alpinpolizei.
Friedrich Rainer, geboren am 2. Februar 1914 in Nals, Meran, trat im Oktober 1933 in die Bundesgendarmerie ein und wurde im Juli 1946 zum leitenden Beamten ernannt. Ab 5. September 1947 war er Gendarmerie-Abteilungskommandant in Kitzbühel und ab 1950 Alpinreferent beim LGK Tirol.
Anton Kendlbacher, geboren am 2. November 1915 in Obermais, Meran, trat als 18-Jähriger im November 1933 in das österreichische Bundesheer ein und diente nach der nationalsozialistischen Machtübernahme im März 1938 in der deutschen Wehrmacht. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trat er im August 1945 in die Bundesgendarmerie ein und versah Dienst im Bezirk Lienz, zuletzt am GP Huben. Kendlbacher hinterließ seine Ehefrau und drei Kinder im Alter von 19, 16 und 11 Jahren.
Raimund Ertl, geboren am 30. Jänner 1937 in Ehrwald, Bezirk Reutte, trat im Oktober 1956 in die Gendarmerie ein. Der sportliche Sohn eines Gendarmen absolvierte eine Reihe von Kursen für Alpineinsätze und wirkte bei vielen Rettungseinsätzen mit. Der überlebende Gendarmerieoffizier Erich Bäumel (1933–2022) war von 1987 bis 1998 Landesgendarmeriekommandant von Tirol.
Gedenktafel. In Erinnerung an die drei in den Ötztaler Alpen tödlich verunglückten Alpingendarmen Friedrich Rainer, Anton Kendlbacher und Raimund Ertl stifteten Kollegen des LGK für Tirol eine Gedenktafel. Die Bronzetafel mit einer Einrahmung aus Beton und Verputz wurde am 13. September 1963, dem Jahrestag des Eislawinenunglücks, an einer Felswand in der Nähe der Unglücksstelle angebracht, im Rahmen einer Feldmesse geweiht und vom Tiroler Landesgendarmeriekommandanten Gendarmerie-Oberst Peter Fuchs enthüllt.
Der Text auf der Tafel lautet: „Zum Gedenken an unsere / im Alpindienst am 13.9.1962 / verunglückten Kameraden / Obstlt. Friedrich Rainer / Ray. Insp. Anton Kendlbacher / Gendarm Raimund Ertl / Die Gendarmen Tirols“.
Die Gedenktafel an einem Wandersteig südöstlich der Alpenvereinshütte Taschachhaus auf 2.561 Metern Seehöhe ist auf einem Felsen fixiert und befindet sich im eisfreien Gebiet. Der Taschachferner ist als Gletscher in den letzten Jahren stark abgeschmolzen. An der Felswand befinden sich weitere Gedenktafeln für verunglückte Bergsteiger.
Werner Sabitzer
Quellen:
- Chronik des Landesgendarmeierkommandos Tirol
- Chronik des ehemaligen Gendarmeriepostens St. Leonhard im Pitztal
- Drei Gendarmeriebeamte tödlich verunglückt. In: Illustrierte Gendarmerie-Rundschau, Nr. 10/1962, S. 4-7
- Ich hatt‘ einen Kameraden ...! In: Illustrierte Gendarmerie-Rundschau, Nr. 12/1963, S. 5
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2024
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