Sicherheitsexpo 2024
Elektronische Sicherheitssysteme
Die Sicherheits-Expo 2024 in München bot einen Überblick über Entwicklungen in der Zutrittskontrolle, Videoüberwachung, Perimeter-Protection und IT-Security.
Bayern habe seit Jahren dauerhaft eine niedrige Kriminalitätsbelastung, sagte Joachim Herrmann, der bayerische Staatsminister des Inneren bei der Eröffnung der 21. Sicherheits-Expo, die am 26. und 27. Juni 2024 in München stattgefunden hat. Bei 583.086 Straftaten im Jahr 2023 (ohne ausländerrechtliche Verstöße) betrage die Aufklärungsquote 65,2 Prozent. Auf 100.000 Einwohner würden (ohne ausländerrechtliche Verstöße) 4.361 Delikte entfallen, der niedrigste Wert im bundesweiten Vergleich. „In Bayern leben, heißt sicherer leben“, sagte der Staatsminister.
Seit 2008 wurden für die bayerische Polizei über 8.000 neue Stellen geschaffen. Bis 2028 sollen 2.000 Stellen dazukommen, davon 500 für den weiteren Aufbau der Grenzpolizei. Derzeit liegt der Personalstand bei mehr als 45.000 Stellen. Im Doppelhaushalt der Bayerischen Polizei sind für die Jahre 2024/25 1.298,4 Millionen Euro vorgesehen. Bis Mitte 2025 sollen acht neue Polizeihubschrauber der 4-Tonnen-Klasse (H145) zur Verfügung stehen. Zwei davon sind seit April 2023 im Trainingsbetrieb. Die Produktion erfolgt in Donauwörth, in Deutschland.
Bei der Informationstechnologie gelte es, die Chancen zu nützen, aber auch die Gefahren zu erkennen. Prävention sei der beste Schutz. Diese müsse neben technischen Maßnahmen auch das Versagen des Menschen vor dem Bildschirm berücksichtigen. Seit Anfang 2000 sei in Bayern mit der Zentralen Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) eine schlagkräftige Cyber-Sicherheitsarchitektur aufgebaut worden. Seit Juli 2021 gebe es auf jedem Präsidium Quick-Reaction-Teams. Maßnahmen zur Grenzsicherung, wie die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, bezeichnete der Minister bei der gegenwärtigen Bedrohung als unverzichtbar. Die Erfolge bei der Aufdeckung von Drogen- und Waffenschmuggel, der Festnahme gesuchter Personen und dem Aufdecken gefälschter Ausweise würden dies bestätigen.
Vorträge.
Einige Vorträge befassten sich mit unterschiedlichen Aspekten der EU-rechtlichen Vorgaben KRITIS und NIS-2. RL (EU) 2022/2557 vom 1. Dezember 2022. Die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen, soll in Deutschland durch das KRITIS-Dachgesetz umgesetzt werden und die NIS-2-RL durch das NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsverstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG). Ob diese Gesetze noch bis zum Stichtag 17. Oktober 2024 innerstaatlich umgesetzt werden können, sei fraglich. Während NIS-2 Netzwerk- und Informationssysteme als Schlüsselsektoren abdeckt, wird der weitere, zurzeit noch nicht im Amtsblatt der EU veröffentlichte Cyber-Resilience-Act, Produkte und Software mit digitalen Elementen umfassen und die Hersteller verpflichten. Bei einer Übergangszeit von 36 Monaten wird die Richtlinie ab 2027 in Kraft treten.
Parallel zur Messe wurde die Brandschutz-Fachtagung abgehalten.
Hersteller.
Bei der Messe waren die meisten großen Hersteller von Schlössern und Schließ- sowie Zutrittskontrollsystemen vertreten. Elektronische Schlösser dominieren den Markt.
Es wurden Robot-Kettenfahrzeuge (NWS-Guard) von der Nürnberger Wach- und Schließgesellschaft (NWS) präsentiert, die im Innen- und Außenbereich eingesetzt werden können und, einen Wächterrundgang nachbildend, über ihre Sensoren Gefahrenquellen erkennen können. Die HD-Kamera erkennt Personen und Tiere, aber auch offene Fenster und Türen. Diese werden auch von der Wärmebildkamera detektiert, darüber hinaus Wärmequellen und Feuer sowie Flüssigkeiten und Rohrbrüche. Der Gassensor erkennt Gasaustritt und Rauchgas und kann auch für Luftreinheitsmessungen eingesetzt werden. Ein 3D-Lidar (Laser Imaging, Detection and Ranging), das Durchbrechungen erkennt, dient zur Zaunkontrolle und kann zur Kartierung des Geländes eingesetzt werden. Über die Fahrten wird ein elektronisches Wachbuch geführt. Bei Beschädigung oder Verdecken der Kamera wird Alarm ausgelöst.
Weiters wurde ein Zutrittskontrollsystem der Firma PCS-Systemtechnik vorgestellt, das auf Handvenen-Erkennung zur Verifikation der Zutrittsberechtigung setzt. Die Hand wird berührungslos vor den Sensor gehalten, der Nah-Infrarotstrahlung aussendet. Diese wird vom sauerstoffärmeren Blut in den Venen absorbiert, was ein für jeden Menschen einzigartiges und unveränderliches Muster ergibt. Die Kamera erstellt ein Bild der Venen, das dann in ein Template umgewandelt wird.
Für die Multifaktor-Authentifizierung (MFA), die im Rahmen der NIS2-Richtlinie für die Zugriffskontrolle auf Computer erforderlich ist, bietet Swissbit AG den USB-Token iShield als Hardware-Lösung an, anstatt des Smartphones.
Bei einer Zutrittslösung der Firma Südmetall wird die zur Betätigung eines elektronischen Schlosses erforderliche elektrische Energie durch Induktion übertragen, wodurch es keine Leitungen mehr in das Türblatt hinein braucht. Als Neuheit wurde eine auf diesem Prinzip beruhende, über die gesamte Höhe des Türblatts reichende Mehrfachverrieglung vorgestellt.
Technisch interessant ist, wie ein elektronisches Schloss aus sich selbst heraus, ohne Batterie oder Verkabelung, die nötige elektrische Energie erzeugt, um in ein logisches Schließsystem eingebunden zu werden.
Bei einer Entwicklung der Schulte-Schlagbaum AG erzeugt das bloße Betätigen des Riegels oder der Falle durch den Türdrücker über eine Induktionsspule genügend Energie, um diese Vorgänge an die Zentrale zu melden, wo sie als derzeitiger Status der Tür angezeigt werden. Das System ermöglicht das Managen von An- und Abwesenheiten in Gebäudeteilen und ist ein bloßes Türenmonitoring ohne Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Angezeigt werden kann, welche Räume (Besprechungsräume, Sanitär) frei sind. Es können Steuerungsvorgänge (Licht, Wärmepumpe) geschaltet oder auch Alarm ausgelöst werden, beispielsweise, wenn Türen in Kinder- oder Demenzstationen geöffnet werden.
Beim Schließsystem Cliq von Assa-Abloy wird über ein bewegliches Element im Schlüssel beim Einschieben in das Schloss genügend elektrische Energie erzeugt, um die Berechtigung zu erkennen und zutreffendenfalls die mechanische Sperre des Schlosses aufzuheben. Der Schlüssel ist auch mit Batterie lieferbar. Die Schließberechtigungen werden über eine Programmierstation ausgegeben, über die auch ein Updating der Berechtigungen erfolgt.
Der angespannten Personalsituation bei Behörden einerseits und dem Wunsch der Bürger, von Amtszeiten unabhängiger zu werden, entspricht eine Entwicklung der Firma Kemas, die es ermöglicht, jederzeit über einen Bildschirm Informationen über Behördenverfahren einzuholen und Anträge zu stellen. Für beizubringende Belege und Unterlagen besteht die Möglichkeit, diese einzuscannen. Erledigungen oder auch sonstige zur Abholung oder Rückgabe bereitgestellte Gegenstände werden in gesicherten Fächern der Abholstation abgelegt. Die Abholung kann über die ID-Austria erfolgen, die über den Sensor der Abholstation erfasst wird. Alternativ kann mit der bei der Antragstellung bekanntgegebenen Handynummer eine Abholung mit diesem Handy erfolgen. Die Abholstation übermittelt bei Anforderung einen Code auf dieses Handy, mit dessen Eingabe sich das Fach öffnet. Die Vorgänge werden lückenlos dokumentiert.
Datenträgerspürhunde.
Martin Wernet, Hundeführer und Inhaber des Start-up-Unternehmens Schwarzwald Dogs, stellte mit der Hundeführerin Lisa Gorenflo Datenträgerspürhunde vor. Die beiden Hunde, ein X-Herder und ein Deutsch-Drahthaar, spürten, unbeeindruckt von den Menschen und der Geräuschkulisse in der Halle, Datenträger auf, die in einer Mauer oder in siebartig abgedeckten Blechbüchsen versteckt waren. Die Büchsen waren zusammen mit anderen Geruchsspurenträgern auf dem Scentwheel (Geruchskarussell) angebracht, das sich wie ein Wagenrad horizontal um eine Achse dreht. Die aufzuspürenden Gegenstände umfassten Speichergeräte jeder Art, auch Micro-SD-Karten, USB-Sticks, Handys, Aufnahme- und Abhörgeräte oder (Mikro-)Kameras, etwa solche im Autoschlüssel. Bei der Ausbildung, die etwa ein Jahr dauert, wird mit dem Kong, einem Hundespielzeug, begonnen, das der Hund suchen und finden muss und wofür er belohnt wird, Im Lauf der Zeit wird der Kong in immer kleineren Stückchen beigegeben, wogegen die Anteile des zu trainierenden Zielstoffes steigen. Letztlich wird nur mehr mit dem Zielstoff gearbeitet. Der Spieltrieb des Hundes, auf dem das Spüren beruht, lässt im Lauf der Zeit nach, doch muss bei der Prüfung der Hund zwischen 30 und 40 Minuten durchhalten. Im Einsatzfall würde dann der zweite Hund eingesetzt werden.
Bei der 21. Sicherheits-Expo wurden rund 2.700 Besucher gezählt, um 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr als 130 Aussteller waren vertreten. Die nächste Sicherheits-Expo wird am 25. und 26. Juni 2025 stattfinden.
Kurt Hickisch
sicherheitsexpo.de
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2024
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