Kriminalprävention
Bürger warnen und informieren
Die Kriminalprävention wurde 1974 in Österreich eingeführt. Seitdem ist sie ein wesentlicher Bestandteil der polizeilichen Arbeit. Anlässlich ihres fünfzigjährigen Bestehens veranstaltete das Bundeskriminalamt am 4. Juni 2024 einen Festakt.
Die Anfänge der Kriminalprävention in Österreich reichen zurück bis 1974, als die erste opferorientierte kriminalpolizeiliche Beratung eingeführt wurde. Diese Maßnahme zielte darauf ab, potenzielle Opfer durch technische und verhaltensorientierte Maßnahmen vor kriminellen Vorgehensweisen zu schützen. Seither hat sich die Kriminalprävention stetig weiterentwickelt, um den Anforderungen und vielfältigen Bedrohungen, die sich durch die Digitalisierung und Globalisierung verändert haben, gerecht zu werden. Heute informieren rund 2.000 Präventionsbedienstete die Bevölkerung über kriminelle Machenschaften und welche Schutzmaßnahmen gesetzt werden können.
Abwechslungsreiches Programm.
Neben dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Franz Ruf und dem Direktor des Bundeskriminalamts Andreas Holzer nahmen Führungskräfte der Polizei und des Innenministeriums sowie internationale Gäste am Festakt teil. In der Veranstaltung wurde die Geschichte der Kriminalprävention in Österreich präsentiert, Expertinnen und Experten brachten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Themen Suchtprävention und Phishing näher und Fachvortragende aus Spanien und Ungarn sowie der UNDOC (United Nations Office on Drugs and Crime) stellten die in ihren Ländern erfolgreichen Kriminalpräventionsmodelle vor. Zudem gab ein Vertreter des US-Departments Homeland Security Einblicke in die amerikanische Sextortion-Prävention.
Podiumsdiskussion.
Die Veranstaltung wurde von Podiumsdiskussionen umrahmt, an denen unter anderem der ehemalige Leiter des Wiener Sicherheitsbüros sowie der Abteilung 3 des Bundeskriminalamts Ernst Geiger, der ehemalige Leiter des Büros „Kriminalpolizeilicher Beratungsdienst“ (KBD) und Jugendpolizei in Wien, Peter Jedelsky, der Leiter des Assistenzbereiches Kriminalprävention im Landeskriminalamt Niederösterreich, Andreas Bandion, sowie der ehemalige Leiter des Assistenzbereichs Kriminalprävention im Landeskriminalamt Wien, August Baumühlner, teilnahmen. Dabei wurden nicht nur die geschichtliche Entwicklung der Kriminalprävention und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft erörtert, sondern auch die Einführung des Gewaltschutzgesetzes und der Mehrwert zielgruppenorientierter Präventionsarbeit.
Fünf Säulen.
Die Kriminalprävention in Österreich basiert auf fünf Säulen, die der Bevölkerung einen umfassenden Schutz bieten sollen. Jede dieser Säulen behandelt spezifische Aspekte der Kriminalprävention und trägt dazu bei, Verbrechen zu verhindern.
Der Eigentumsschutz, die erste Säule, zielt auf den Schutz vor etwa Diebstahl, Einbruch, Raub und Betrug ab. Rund 600 in diesem Bereich tätige Präventionsbedienstete beraten über technische Lösungen, wie verstärkte Türen und Fenster, Alarmanlagen und Videoüberwachungssysteme sowie Verhaltensweisen, die das Risiko von Eigentumsdelikten minimieren sollen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auch auf der Aufklärung von Missverständnissen und die Vermittlung von Sicherheitsbewusstsein. Doch auch in diesem Deliktsbereich ist eine Verlagerung in den digitalen Raum spürbar, weshalb auch das richtige Verhalten im Internet und sozialen Medien gefördert wird.
Jugendliche.
Die zweite Säule stellt die Zielgruppe Jugendliche dar. „UNDER 18“ richtet sich speziell an junge Menschen. Rund 450 geschulte Präventionsfachleute halten Workshops und Aufklärungsveranstaltungen hauptsächlich an Schulen ab, um die Jugendlichen in den Themen Gewaltprävention, digitaler Medienkompetenz und Suchtprävention zu sensibilisieren. Diese Programme werden in Zusammenarbeit mit Schulpsychologen entwickelt und kontinuierlich angepasst. Ein zentraler Aspekt ist, Jugendliche über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären und ihnen einen verantwortungsvollen Umgang näher zu bringen.
Gewaltschutz.
Seit der Einführung des Gewaltschutzgesetzes 1997 hat der Gewaltschutz an Bedeutung gewonnen. Hier steht besonders die Prävention von Gewalt in der Privatsphäre im Fokus. Das Gewaltschutzgesetz ermöglichte es, die Zahl der Tötungsdelikte und der Gewalt in familiären Beziehungen zu reduzieren. Heute umfasst der Gewaltschutz nicht nur rechtliche Maßnahmen, sondern auch Beratungsangebote für Opfer und potenzielle Täter. Ein Bestandteil der Präventionsarbeit ist die Zusammenarbeit mit Gewaltschutzzentren und die Implementierung von Maßnahmen, wie beispielsweise die verpflichtende Teilnahme an einer Gewaltpräventionsberatung für Personen, gegen die ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen wurde. Über die vergangenen Jahre konnte die Anzahl der Präventionsbediensteten auf 1.200 gesteigert werden.
Stärkung des Sicherheitsgefühls.
Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im öffentlichen Raum zu stärken, ist die vierte Säule. Öffentliche Räume sind zentrale Orte des sozialen Lebens und das Sicherheitsgefühl beeinflusst direkt die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Menschen. Präventionsbeamtinnen und -beamte bieten Vorträge und Workshops an, in denen sie über Verhaltensweisen informieren, die das Risiko von Übergriffen und anderen Straftaten verringern können. Diese Maßnahmen sind darauf ausgelegt, das Sicherheitsgefühl zu erhöhen und die Bürger zu befähigen, sich sicher und selbstbewusst im öffentlichen Raum zu bewegen. Ein Fokus liegt hierbei auf der Prävention von sexuellen Übergriffen und Gewalt, wobei spezifische Programme für Frauen und Mädchen entwickelt wurden.
Cybercrime-Prävention.
Angesichts der Digitalisierung und der damit verbundenen Bedrohungen gewinnt die Cybercrime-Prävention an Bedeutung. Cyber-Kriminalität umfasst eine Vielzahl von Straftaten, von Phishing und Identitätsdiebstahl bis hin zu Hackerangriffen. Die von der Polizei gesetzten Präventionsmaßnahmen umfassen die Erstellung und Verbreitung von Informationsmaterialien, die Durchführung von Workshops für verschiedene Zielgruppen und die Entwicklung von Online-Kampagnen, die das Bewusstsein für Cyber-Kriminalität schärfen und Tipps zum sicheren Verhalten im Internet geben. Ein Aspekt ist die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Forschung, um stets auf dem neuesten Stand der Technik und Methodik zu sein und Strategien gegen Cybercrime zu entwickeln.
Die Anti-Phishing-Agenda 2024 umfasst die Erarbeitung von Bewusstseinsbildungs- und Präventionsmaßnahmen, um die Potenziale zu bündeln und zu verstärken. Ebenfalls rückt die Erarbeitung von zukünftigen technischen Möglichkeiten zur Verhinderung von Phishing-Angriffen sowie die Ausarbeitung von Empfehlungen nach internationalem Beispiel für Entscheidungsträger, um Politik und Gesetzgeber zu unterstützen in den Fokus.
Zukunft der Kriminalprävention.
Die Kriminalprävention steht vor neuen Herausforderungen, die durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen bedingt sind. Künstliche Intelligenz, Deepfakes und die Digitalisierung erfordern flexible Strategien. Zukünftig wird die Kriminalprävention verstärkt auf digitale Angebote und Programme setzen, die jederzeit und ortsunabhängig verfügbar sind. Ansätze wie „Gamification“ – die spielerische Vermittlung von Wissen – gewinnen an Bedeutung und sollen die Bevölkerung motivieren, sich aktiv mit Präventionsthemen auseinanderzusetzen.
Romana Tofan
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2024
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