Gedenkstätten für Exekutivbeamte (26)
Gendarmenmord an der Grenze
Vor 75 Jahren wurde im burgenländischen Grenzort Ritzing der Gendarm Josef Faßl von ungarischen Grenzsoldaten erschossen. Eine Gedenktafel und ein Holzkreuz erinnern an den getöteten Gendarmen.
Der provisorische Gendarmeriebeamte Josef Faßl II (auch: Fassl) vom Grenzgendarmerieposten Helenenschacht im burgenländischen Bezirk Oberpullendorf hatte bei einer Fußstreife am 26. September 1949 am frühen Nachmittag nahe der Grenze im Wald mehrere illegale Grenzgänger bemerkt. Es handelte sich offenbar um Schmuggler. Faßl kehrte zu seiner Dienststelle zurück und informierte seinen Kollegen. Beide Gendarmen suchten entlang des Stacheldrahtverhaus nach den Verdächtigen. An einer Abzweigung trennten sich die Gendarmen. Kurze Zeit später hörte Faßls Kollege eine Detonation und drei oder vier Schüsse. Er suchte Faßl und fand ihn nahe der ungarischen Grenze neben einem Stacheldrahtverhau mit blutüberströmtem Gesicht am Boden liegen. Faßl lebte nicht mehr.
Ursprünglich nahm man an, dass der Gendarm durch die Splitter einer detonierenden Mine gestorben war. Bei der gerichtlichen Obduktion am 28. September 1949 wurde festgestellt, dass der Gendarm von einem Projektil, vermutlich verschossen aus einer großkalibrigen Waffe, in den Kopf getroffen worden war. Es wurde festgestellt, dass vom ungarischen Gebiet aus drei bis vier Schüsse abgefeuert worden waren. Zur gleichen Zeit war eine Mine detoniert.
Die Gesandtschaft der Ungarischen Volksrepublik in Wien teilte in einer Verbalnote vom 31. Oktober 1949 mit, dass der Gendarm die Grenze überschritten habe, um auf ungarischem Gebiet eine Sprengladung zu entfernen. Dabei sei die Mine explodiert. Da der Gendarm auf österreichisches Gebiet zurückflüchten wollte, habe die ungarische Patrouille von der Waffe Gebrauch gemacht. Ob Faßl durch die Minenexplosion oder durch die Schüsse der Patrouille getötet wurde, könne man nicht genau angeben, hieß es in der Verbalnote. Laut den österreichischen Behörden konnte diese Version keinesfalls zutreffen, da Faßls Tod durch eine Gehirnzertrümmerung sofort eingetreten war und Faßl nicht in der Lage gewesen sei, zu flüchten.
Gedenkstätten.
An den im Dienst erschossenen Gendarmen Josef Faßl erinnern zwei Gedenkstätten in der Gemeinde Ritzing: In der Siedlung Helenenschacht befindet sich beim Schachteingang des ehemaligen Kohlenbergwerks ein Mahnmal für die Opfer des „Eisernen Vorhangs“. Das Mahnmal wurde am 14. November 2009 eingeweiht. Einer der Gedenksteine ist Josef Faßl zugedacht. Die in eine Holztafel auf dem Stein eingeritzte Schrift lautet: „FASSL JOSEF / † 27.09.1949“. Darunter befinden sich der Name und das Todesdatum eines weiteren Grenzopfers: Die 88-jährige, gehörlose Katharina Zutz aus Ritzing hatte sich am 21. Juni 1960 auf ungarisches Gebiet verirrt und war von Grenzsoldaten erschossen worden.
Die zweite Gedenkstätte für Faßl befindet sich in einem Waldstück beim Tatort zwischen Helenenschacht und Brennberg (Ungarn). An einem Fichtenbaum ist ein schlichtes Holzkreuz mit Kruzifix angebracht. Darunter ist eine verwitterte Tafel mit der Aufschrift „Prov. Gend. / JOSEF FASSL / im Dienste ermordet / am 26.9.1949“.
Werner Sabitzer
Quellen/Literatur:
Bachkönig, Wolfgang: Hart an der Grenze. Verlag Innsalz, Ranshofen2010
Der Tod des Probegendarmen Fassl II. In: Wiener Zeitung, 5. Oktober 1949, S. 4
Der Tod des Gendarmen Faßl: In: Neues Österreich, 15. Dez. 1949, S. 3
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2024
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