Bekämpfung von Antisemitismus
Online-Judenhass bekämpfen
Wie kann man Judenhass auf Online-Plattformen eindämmen? Das wurde am 31. Juli 2024 bei einem runden Tisch im Bundeskanzleramt diskutiert. Mit dem Maßnahmenpaket „Antisemitismus online“ soll dem Judenhass entgegengetreten werden.
Seit den Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 hat der Antisemitismus, insbesondere im Netz, zugenommen. Als Reaktion darauf präsentierte EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler am 18. März 2024 das Maßnahmenpaket „Antisemitismus online“. Das Paket enthält 16 Maßnahmen, die die Nationale Strategie gegen Antisemitismus ergänzen. Expertinnen und Experten für Social Media, für die Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz und Antisemitismus sowie Vertreterinnen und Vertreter von Onlineplattformen und Suchmaschinen trafen sich am 31. Juli 2024 im Bundeskanzleramt, um die Eindämmung des Judenhasses im Internet zu diskutieren.
Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien dokumentierte 2023 769 antisemitische Vorfälle im Internet, fast doppelt so viele wie im Jahr davor (2022: 385). 514 Vorfälle ereigneten sich in den sozialen Medien, 178 per E-Mail und 77 in einer sonstigen Online-Umgebung. Drei von vier antireligiösen Hasspostings sind antisemitisch, das zeigt der „Hate-Crime-Bericht 2023“ des Bundesministeriums für Inneres. 26 Prozent der Vorurteilsmotive gegen Jüdinnen und Juden entfielen auf den Online-Bereich. Vorurteilsmotive können Weltanschauung, Geschlecht, Religion, sexuelle Orientierung oder ähnliche Identitätsmerkmale sein.
Digital Services Act.
Das Maßnahmenpaket „Antisemitismus online“ soll zum Erfolg der Umsetzung des Digital Services Act (DSA) beitragen. Der DSA ist ein EU-weites Gesetz für digitale Dienste und im Februar 2024 in Kraft getreten. Damit sollen illegale Inhalte auf Plattformen oder Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen monatlichen Userinnen und Usern bekämpft werden. So werden Risiken, die sich auf die Grundrechte, die öffentliche Sicherheit und das Wohlergehen der Gesellschaft auswirken, eingedämmt. Wird ein Dienst von der EU-Kommission als „sehr große Online-Plattform“ (VLOPs) oder „sehr große Suchmaschine“ (VLOSEs) klassifiziert, muss dieser innerhalb von vier Monaten eine Anlaufstelle für Behörden sowie Nutzerinnen und Nutzerinnen einrichten, illegale Inhalte im Sinne von Straftaten melden und hinsichtlich Werbung, Empfehlungssystemen oder inhaltlichen Moderationsentscheidungen transparent sein.
Drei Schwerpunkte.
Unter der Leitung des Bundeskanzleramtes erstellte die Taskforce „Online-Antisemitismus und Desinformation“ das Maßnahmenpaket. Es gibt drei Schwerpunkte in dem Paket: die Zusammenarbeit und Abstimmung mit VLOPs und VLOSEs zu intensivieren, die verschiedene Akteurinnen und Akteure zu unterstützen und zu vernetzen sowie die zivilgesellschaftliche Resilienz im Bereich Online-Antisemitismus zu stärken. Entwickelt wurde das Maßnahmenpaket vom Bundeskanzleramt in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Inneres, dem Bundesministerium für Justiz, der Direktion Staatschutz und Nachrichtendienst, dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Außerdem beteiligt waren wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Einrichtungen.
Der runde Tisch am 31. Juli 2024 war dem ersten Schwerpunkt gewidmet. Eine stärkere Kooperation mit Verantwortlichkeit von Online-Plattformen und Suchmaschinen wurde für essenziell erklärt. So könnten Mechanismen entwickelt werden, durch die antisemitische Inhalte gemeldet und entfernt und Desinformationen gekennzeichnet würden.
An der Diskussion nahmen Vertreterinnen und Vertreter von Google, Meta, TikTok und Snapchat teil. „Wir haben während der Pandemie einen starken Anstieg der Zahl antisemitischer Vorfälle im Internet erlebt. Danach wurde eine Reduktion der Zahl der Fälle um ein Drittel erreicht, aber seit 7. Oktober letzten Jahres sind die Zahlen explodiert. Darüber hinaus ist seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die Welt eine andere, denn auch bei diesem Konflikt werden immer wieder antisemitische Narrative verwendet. Das beeinflusst das Denken und die Meinung in unserer Gesellschaft und gefährdet unseren Zusammenhalt. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen“, sagte EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler.
Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus.
Am 31. Juli 2024 startete eine Medienkampagne zu Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus. Dazu gibt es eine neue Webseite der Republik Österreich. Unter www.antisemitismus.gv.at findet man Informationen zum Thema Antisemitismus, seine Ausprägungen, rechtliche Konsequenzen und Anregungen, wie man auf antisemitische Vorfälle reagieren kann, insbesondere im Online-Bereich. Mit der Kampagne sollen vor allem junge Menschen informiert werden und es soll Bewusstsein für das Phänomen Antisemitismus geschaffen werden. Jedes Mitglied der Gesellschaft soll sich verantwortlich füh-len, Antisemitismus zu erkennen, zu benennen und dagegen vorzugehen.
Antonio M. Martino
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2024
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