GPEC 2024
Innovationen im Sicherheitssektor
Spezialfahrzeug für Brandermittler, Blaulicht-Fahrsimulator, Blockungssystem für Mobiltelefone: Die GPEC 2024 bot eine Übersicht über Produkte für Sicherheitsbehörden und vermittelte Fachwissen.
Simulator für das Einsatzfahrttraining; magnetisch haftender Herzschlagsensor detektiert Menschen oder Tiere in Fahrzeugen
© Kurt Hickisch
Die Internationale Fachmesse, Konferenzen & Trainings für innere Sicherheit, Strafverfolgung und Heimatschutz (GPEC) vom 6. bis zum 8. Mai 2024 fand zeitgleich mit der Europäischen Polizeitrainer-Konferenz im Congress-Center Leipzig (CCL) statt. Die GPEC richtet sich an Polizei, Militär, Grenzschutz, Zoll, Justiz und sonstige Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Unternehmen und Institutionen stellten Produkte und Entwicklungen vor; Fachkonferenzen und Meetings boten Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch.
Fachtagungen.
Beim Fachforum Drohnen (UAS) wurde ein System zum automatisierten, großflächigen Einsatz von Drohnen im BVLOS-Betrieb, also außerhalb der Sichtweite des Betreibers, vorgestellt, das bis zu 100 Drohnen umfassen kann. Einsatzmöglichkeiten sind etwa die Überwachung von Industrieanlagen, im Grenzschutz, bei Großveranstaltungen (Freihaltung von Flucht- und Rettungswegen), Großbränden, Überschwemmungen (HHLA Sky).
Über Erfahrungen mit dem praktischen Einsatz von Drohnen berichteten Mitarbeiter der Polizei Bayern und des THW Landesverbands Sachsen/Thüringen. Laut Florian Hermisch, Rittal GmbH, reichen rudimentäre technische Kenntnisse und Fähigkeiten im Programmieren aus, um Spielzeugdrohnen zu autonomen Kamikaze-Drohnen umzubauen. Durch den Einbau einer Infrarotkamera könnten Menschen gezielt angesteuert werden. „Wir müssen lernen, mit Kleindrohnen zu leben; sie werden nicht mehr verschwinden“, sagte Georg Schweizer, Senior Expert der auf Drohnenabwehr spezialisierten Firma Securiton. Die Abwehr von small Unmanned Aerial Systems (sUAS) müsse man als einen Teil des „Internets der Dinge“ neu denken. Nach Schätzungen würden in 90 Prozent der Fälle die Kleindrohnen von einem Piloten gesteuert und könnten über den wechselseitigen Funkverkehr detektiert und mit Mitteln des „Softkills“ (Einflussnahme auf die Steuerung) abgewehrt werden. 9,9 Prozent würden über Auto-Pilot fliegen, wobei der Pilot jederzeit den Flug übernehmen könnte. In 0,1 Prozent der Fälle würden die Flüge autonom erfolgen, was zur Abwehr Maßnahmen des „Hardkills“ mit entsprechendem Aufwand erforderlich machen würde.
Über umfassende, die Drohnendetektion und -abwehr einschließende Systeme (C4I), wie sie beispielsweise bei Großveranstaltungen wie dem G7-Gipfel in Elmau, bei Hochsicherheitsgefängnissen oder zum Schutz von Feldlagern im Ausland eingesetzt werden, berichtete Daniela Hildenbrand von der ESG GmbH. Über die Software-Lösung Elysion können die UAS detektiert und die entsprechenden Effektoren wie etwa Counter-UAS eingesetzt werden.
Bei den täglichen Flugvorführungen von Drohnen in dem an die Messehalle anschließenden Freigelände wurde unter anderem die „gefesselte“ Drohne (Fotokite) von Axon-Air vorgestellt, die, über ein Kabel mit der Bodenstation und damit auch mit der Stromversorgung verbunden, aus einer Höhe bis zu 45 m Livebilder zur Lagebeurteilung liefert. Vorgeführt wurde auch eine Indoor-Drohne, die durch eine allseitige Ummantelung mit einem walzenförmigen Gitter sich sowohl rollend als auch fliegend fortbewegen und zur Inspektion enger Räumlichkeiten eingesetzt werden kann.
3D-Fotogrammetrie.
Mit Scannern können nicht nur Räume dreidimensional vermessen werden, sondern auch, in gerichtsfester Weise, Gegenstände wie etwa Tatmittel oder vereinzelte Bruchstücke von Gegenständen, die über Computer wieder zusammengesetzt werden können. Es eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Forensik. Beispielsweise sind Fachleute, die aus dem Skelett eines Schädels ein dazu passendes Gesicht formen können, rar und über die Welt verstreut. Bei Übermittlung der 3D-Daten kann von diesen Experten zerstörungsfrei und ohne das mit einem Versand des Originals verbundene Risiko eine entsprechende Modellierung durchgeführt werden. Auch wurden Pläne erörtert, Asservate in 3D zu erfassen und die Originale zu vernichten, um die überquellenden Asservatensammlungen zu entlasten.
Ein Ganzkörperscanning wurde von Botspot vorgestellt. In einem geschlossenen Raum sind 60 Kameras installiert, die im Bruchteil einer Sekunde die Oberfläche des Körpers eines Menschen vermessen und mit einer im Millimeterbereich liegenden Genauigkeit dessen rechnerisches Abbild liefern, das als Avatar eingesetzt werden kann.
Einen Handscanner zur 3D-Erfassung von Objekten stellte das Fraunhofer IOF vor. Montiert auf dem Greifarm eines sich halbkreisförmig um ein tonnenförmiges Objekt bewegenden Boston-Mechanics-Hundes, wurde dies effektvoll demonstriert.
Spracherfassung.
Das Programm EA TONI (Translator Of Necessary Information) von WTG Leitstellentechnik ist ein für Notrufzentralen entwickelter Echtzeitübersetzer, der KI-basiert bis zu 58 Sprachen erkennen, übersetzen und auf dem Bildschirm transkribiert wiedergeben kann. Die Antworten erfolgen mit vorfigurierten Textbausteinen bzw. mit frei eingegebenem Text, der in die jeweilige Sprache übersetzt wird. Das Programm kann auch als Konferenzteilnehmer einem Gespräch beigezogen werden, beispielsweise, um die Richtigkeit von Übersetzungen nachzuprüfen. Das Multicapture Center (MCC) der Media4cast GmbH ermöglicht Übersetzungen aus 47 Sprachen, die zunächst ins Englische übersetzt werden und von dort auf Deutsch, von wo aus eine direkte Übertragung in Schriftform erfolgt. Das Programm ermöglicht die technisch anspruchsvolle Unterscheidung von mehreren Gesprächspartnern, wobei zwischen bis zu 99 Personen differenziert werden kann.
Neuheiten.
GPEC 2024: Indoor-Drohne für den Einsatz in Gebäuden; transportable Fahrzeugsperren
© Kurt Hickisch
Bei einem Spezialfahrzeug für Brandermittler von Mosolf ist der hintere Laderaum gasdicht gegen den für Personen dienenden Raum abgeschlossen. Das Sondereinsatz-Kraftfahrzeug von Vimtec verfügt über einen ausfahrbaren Mast, der mit Kameras, Scheinwerfern, Lautsprechern und Funkanlagen bestückt werden kann. Elektrische Energie wird über mit Methanol betriebene Brennstoffzellen sowie mit Solarpaneelen erzeugt und in Akkumulatoren gespeichert.
Der Superhailer des gleichnamigen Unternehmens ist ein tragbarer Lautsprecher, mit dem zielgerichtet akustische Informationen übertragen werden können. Ein Entfernungsmesser dosiert die Schallleistung.
Der Herzschlagsensor der Optoprecision GmbH, eine Box, die magnetisch haftend auf der Karosserie von Fahrzeugen angebracht werden kann, detektiert Herzschläge von Menschen oder Tieren, die sich in dem Fahrzeug befinden.
Videobasierte Systeme zur Zählung von Besucherströmen und -ansammlungen bei Großveranstaltungen, die die vorausschauende Planung allfälliger Einsatzfälle ermöglichen, wurden vom Fraunhofer IOSB vorgestellt. Mit der Analyse-Software Maltego, die offene Quellen auswertet (OSINT), insbesondere Social Media, lassen sich Prognosen über den Verlauf von Veranstaltungen treffen.
Schwarzgeld wird auch anonym in Blockchains eingespeist und von dort wieder behoben. Chainalysis hat sich darauf spezialisiert, Geldflüsse in Blockchains aufzudecken.
Das Fraunhofer IKTS, ein weiteres der rund 80 Fraunhofer-Institute, forscht auf dem Gebiet der Keramik als Bestandteil ballistischer Schutzkonzepte. Keramik ist im Vergleich zu Stahl um bis zu zwei Drittel leichter. Transparente Keramik ermöglicht die Herstellung von Panzergläsern geringerer Dicke und damit geringerem Gewicht.
Die DigiForce GmbH, Mitglied der Allianz für Cybersicherheit, bietet digitale Beweissicherung und gerichtsverwertbare IT-Forensik-Gutachten an.
Comstop von EFE ist ein Detektions- und auch Blockungssystem für Mobiltelefone, das beispielsweise in Justizvollzugsanstalten oder in Hochsicherheitsbereichen eingesetzt werden kann. Das neueste Produkt dieser Serie ist ein kleiner, in eine Hemdtasche passender Handy-Detektor.
Mit dem Blaulicht-Fahrsimulator von Mobilianz können Einsatzfahrten durch Simulation von Brems- und Beschleunigungskräften realitätsnah trainiert werden.
Die GPEC 2024 verzeichnete 471 Aussteller aus 32 Staaten. In ihrem Rahmen haben 28 Fachtagungen, darunter 8 dienstliche Arbeitstreffen, sowie Workshops und Trainings, stattgefunden. Die 7.684 Teilnehmer kamen aus 58 Staaten. Die GPEC 2026 wird vom 19. bis 21. Mai 2026 und die GPEC digital am 4. und 5. Juni 2025 in der Messe Leipzig stattfinden.
Kurt Hickisch
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2024
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