Kompetenzzentrum sicheres Österreich
Vom Mangel zur Chance
Fachkräfte im Bereich Cybersicherheit und IT sind derzeit Mangelware. Arbeitsminister Martin Kocher sprach mit Stakeholdern aus Wirtschaft und Verwaltung über mögliche Wege aus der Krise.
Das Kompetenzzentrum Sicheres Österreich (KSÖ) und die Wirtschaftskammer Österreich luden am 21. Juni 2023 zum Symposium „Vom Mangel zur Chance – Fachkräfte für eine sichere Digitalisierung gewinnen“. Ziel der Veranstaltung: Lösungsansätze gegen den Fachkräftemangel in der Cybersicherheits- und IT-Branche zu diskutieren.
Herausforderungen.
„Wir müssen dringend gemeinsam Lösungen finden, um vom Mangel zur Chance zu kommen“, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Vernetzungstreffens zwischen Unternehmern, Ausbildungsanbietern sowie Vertreterinnen und Vertretern der Politik einig.
„Das Thema Fachkräftemangel ist riesengroß – vor allem im Bereich IT und Cybersicherheit. Als ,Kompetenzzentrum Sicheres Österreich‘ wollen wir nicht nur Probleme, sondern auch Lösungen aufzeigen“, sagte KSÖ-Präsident Michael Höllerer. Er begrüßte rund 40 Schülerinnen und Schüler der Cyber-HAK Tamsweg. Deren Ausbildung zeige, „wie man sich der Herausforderung der Digitalisierung mit innovativen Bildungskonzepten stellen kann“, ergänzte Höllerer.
Veränderter Arbeitsmarkt.
„Der Fachkräftemangel beschäftigt uns in Österreich schon seit vielen Jahren und hat sich in letzter Zeit – gerade im IT-Bereich – noch einmal beschleunigt“, hielt der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Martin Kocher, fest. Der Arbeitsmarkt habe sich „dramatisch verändert“, Fachkräfte seien „Mangelware“. Die Ursachen dafür lägen primär an der Demografie und strukturellen Herausforderungen. Die geburtenstarken Jahrgänge würden derzeit nach und nach in Pension gehen, „was die Personalsituation in vielen Unternehmen und den öffentlichen Sektor besonders hart trifft“. Trotz eines Rekords an Beschäftigten in Österreich sei gemessen an der Gesamtbevölkerung die Zahl der offenen Stellen im IT-Bereich überproportional hoch, analysierte Kocher. Besonders betroffen davon: die Jobfelder Softwareentwicklerin und -entwickler, IT-Support-Mitarbeiterin und -Mitarbeiter, IT-Managerin und -Manager, Informatikerin und Informatiker sowie EDV-Administratorin und -Administratoren.
Potenziale.
„Wir haben in Österreich immer noch relativ viele Jugendliche, die keine fertige Ausbildung haben. Niedrige Bildung korrespondiert mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Arbeitslosigkeit“, hielt Kocher fest. Eine Ausbildungsgarantie sowie eine Bildungspflicht seien wichtige Maßnahme, „um noch besser zu werden und möglichst viele Jugendliche am Arbeitsmarkt mitzunehmen“.
Von der Teil- in die Vollzeit.
Eine weitere Möglichkeit sieht der Minister im Bereich der Teilzeitbeschäftigten. „Derzeit arbeiten 1,3 Millionen Menschen in Teilzeit. Rund ein Drittel, weil sie sie sich in Ausbildung befinden, ein Drittel aufgrund von Kinderbetreuungspflichten und ein weiteres aus keinem ersichtlichen Grund.“ Neben dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen müsse man verstärkt Anreize setzen, „damit Menschen auf Vollzeit aufstocken“, lautete Kochers Conclusio.
Weitere Potenziale sieht der Arbeitsminister bei ausländischen Arbeitskräften (Stichwort: Rot-Weiß-Rot-Karte) sowie in der Attraktivierung von Angeboten an ältere Dienstnehmer, um länger berufstätig zu bleiben. „Wenn es uns gelingt, die Menschen ein halbes Jahr oder Jahr länger im Arbeitsleben zu halten, hätten wir schon viel vom Fachkräftemangel behoben“, ist Kocher überzeugt. Das in diesem Zusammenhang gern gebrachte Gegenargument, ältere Arbeitnehmer würden jüngeren den Job wegnehmen, lasse er nicht gelten. „Wir sind heute in einer komplett anderen Situation als früher: Es gibt keinen Verdrängungswettbewerb zwischen Alt und Jung“, sagte Kocher.
Öffentlicher Dienst.
Nicht nur Unternehmen und Betriebe würden derzeit händeringend Fachkräfte suchen, bestätigte Christina Schindlauer von der „Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst“ (DSN) bei der anschließenden Podiumsdiskussion. „Auch für uns als Behörde ist es schwer, Fachkräfte im IT-Bereich zu finden“, sagte die Abteilungsleiterin der DSN. Den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber mit der Privatwirtschaft zu vergleichen, sei „sehr schwer“. In einer Behörde gehe es weniger um ökonomische Zielvorgaben als „um die Leidenschaft für das, was man tut“. Darüber hinaus gebe es dank der thematischen Breite sowie guter Aus- und Fortbildungsangebote im Bundesdienst „mehr Weiterentwicklungsmöglichkeiten“ als in einem Unternehmen. „Derzeit suchen wir vor allem kreative IT-Leute, die ,Out of the Box’ denken und teamfähig sind. Wir brauchen Menschen, die leistungsbereit sind, vernetzt denken, Dinge weiterentwickeln und das Mindset haben, sich selbst neu zu erfinden“, warb Schindlauer und verwies auf ein Problem im Bereich Cybersicherheit. „Wir müssen das Thema noch stärker gesellschaftlich verankern und den Menschen ins Bewusstsein rufen. Nur gemeinsam können wir aktuelle und künftige Herausforderungen bewältigen“, sagte die IT- und Cybersicherheitsexpertin.
Cyber-HAK Tamsweg.
Längst „angekommen“ im Thema waren die rund 40 Schülerinnen und Schüler der Cyber-HAK Tamsweg, die bei einer Keylogging-Präsentation mit ihrem Fachwissen als „Cyber-Expertinnen und -Experten der Zukunft“ begeisterten. „Die Digitalisierung ist und bleibt ein zentrales Zukunftsthema, auf das wir unsere Schülerinnen und Schüler im Ausbildungszweig Cybersecurity-Management bestmöglich vorbereiten“, sagte HAK-Direktor Herbert Giegerl, der sich beim Innenministerium als „wichtiger Kooperationspartner“ für die gute Zusammenarbeit bedankte.
Jürgen Belko
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2023
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