Enforce Tac 2023
Sicherheitsmesse für Behörden
Bei der Enforce Tac vom 28. Februar bis 1. März 2023 in Nürnberg wurden unter anderem Eindringhilfen, Schutzausrüstung, Drohnen und Drohnenabwehrsysteme präsentiert.
Die von der Messe Nürnberg veranstaltete, unter der Schirmherrschaft des bayerischen Staatsminister des Inneren, Joachim Hermann, stehende Enforce Tac ist eine Fachmesse für den Bedarf von Behörden mit Sicherheitsaufgaben und für militärische Ausrüstung. Das Angebot der 540 Aussteller (2022: 377) reichte von schwerem Gerät wie etwa einem gepanzerten Minenräumgerät des kroatischen Herstellers Dok-Ing (dok-ing.com ) und schusssicheren und sonstigen Sonderfahrzeugen über Drohnen und Drohnenabwehr bis zur Erstversorgung von Verletzten und Überlebenshilfen. Zahlreich vertreten waren auch die Anbieter von Kampfbekleidung und -ausrüstung.
Eindringhilfen.
Auf einer Präsentationsfläche wurde unter anderem die Erstürmung eines Reisebusses durch Einsatzkräfte vorgeführt, die unter der Annahme stattfand, dass Businsassen von Terroristen als Geiseln gefangen gehalten werden. Zum Einsatz kam eine spezielle, aus Einzelteilen zusammengefügte Rampe, deren oberes Ende mit zwei speziell armierten Bügeln ausgestattet war. Zum Angriff nach vorne sind die Bügel in Laufrichtung ausgerichtet und dienen als Rammbock. Um 90 Grad versetzt fixiert, ermöglicht ein Bügel einen seitlichen Angriff. Die rasch zusammengebaute Rampe wurde herangefahren. Die Scheiben des Busses gingen durch die Wucht des Anpralls der Bügel zu Bruch und die Einsatzkräfte drangen in das Innere des Busses ein. Vorgeführt wurde auch das, ebenfalls über die Rampe durchgeführte Erstürmen einer 3,7 m hohen Mauer (PSV Projekt Support Vehicles GmbH; psv-shield.de ). Von diesem Unternehmen wurde auch unter der Bezeichnung Spike Stinger (spikestingerinternational.com ) eine pneumatisch aus einer Box herausschnellende und ebenso wieder einfahrbare Nagelsperre vorgestellt. Einschließlich des Akkus und Kompressors wiegt ein System mit 3,8 m Länge 16 kg. Die Dornen stechen Löcher in Reifen („Reifenablassvorrichtung“). Fahrzeugsperren wurden von Volkmann angeboten (zufahrtssperre.de ).
Vorführungen von Abseil- und Kletterhilfen sowie Einsteighilfen waren auch am Stand der Firma Skylotec GmbH (skylotec.com ) zu sehen. Das Unternehmen bietet für den 27. und 28. September 2023 einen Internationalen Workshop zu taktischem Zugang an. Hersteller von Eindringhilfen waren ebenfalls vertreten.
Schutzausrüstung.
Die Firma ELP (elp-gmbh.de ) präsentierte Bombenschutzanzüge. Das Unternehmen bietet Produkte für den Umgang mit Sprengkörpern an, wie Spreng- und Splitterschutzdecken, Haken- und Leinensätze sowie Transportbehälter und Sprengfässer zur Aufnahme sprengstoffverdächtiger Gegenstände.
Ein portables Röntgen-Durchleuchtungssystem war am Stand der Firma Novo Digital Radiography (novo-dr.com ) zu sehen.
BlastSax (blastsax.de ) hat Säcke entwickelt, die ein mit Wasser aufquellendes Material enthalten und dadurch ihr Volumen beträchtlich vergrößern. In diesem Zustand können die Säcke zum raschen Aufbau etwa eines Splitterschutzes oder auch zum Abdichten von Öffnungen verwendet werden.
Schnittsichere Unterwäsche wurde von Brunnirok (brunnirok.de ) angeboten, darunter auch ein überziehbarer Schutz für den Hals, um auch diese Körperpartie vor Schnittverletzungen zu schützen. Ausschlaggebend für die Entwicklung dieses Produkts war, wie am Stand zu erfahren war, dass in Belgien ein Polizist durch einen gegen den Hals geführten Schnitt getötet wurde.
Schnittschutzhandschuhe werden von Speedsafe (speedsafe.de ) vertrieben. Die Ulbrichts GmbH (ulbrichts. com ) war mit ballistischen Schutzhelmen vertreten.
Gegen die Blendwirkung von Lasern schützen Laserschutzbrillen, wie sie etwa von der Protect Laserschutz GmbH (protect-laserschutz.de ) angeboten werden. Die Brillen absorbieren Laserlicht vornehmlich in den Bereichen Rot, Grün und Blau. Die Tönung der Brillen reduziert die Gesamthelligkeit des Gesichtsfeldes ähnlich einer leichten Sonnenbrille.
Das XPlorIR von Analytikon (analyticon.eu ) ist ein auf der FTIR-Spektroskopie beruhendes Hand-held Gasspürgerät, das gefährliche Gase nicht bloß klassifiziert, sondern darüber hinaus bereits im Bereich von wenigen ppm an Hand einer über 5.500 Einträge umfassenden Datenbank auch identifiziert. Das auf dem gleichen Messprinzip beruhende, als Koffer transportable Threat ID-Gerät erkennt über 21.000 Substanzen in allen Aggregatzuständen (fest, flüssig, gasförmig) und gibt aus einer Bibliothek mit chemischen Hintergrundinformationen Warnungen aus.
Der Drogentest von DrugWipe (securetec.net ) ähnelt in seiner Anzeige einem Corona-Test und kommt nach Herstellerangaben mit weniger Speichelmaterial aus.
Nicht tödliche Waffen.
Axon (axon.com ) hat als Weiterentwicklung des Tasers 7 den Taser 10 vorgestellt und vorgeführt. Das Gerät kommt bei gleicher physiologischer Wirkung auf das Nervensystem mit einer wesentlichen geringeren Spannung (etwa 10.000 V statt der 50.000 V beim Taser 7) aus. Statt des knatternden, als Warnung dienenden Lichtbogens zeigen Stroboskop-Licht und ein lauter Alarmton den bevorstehenden Einsatz an. Ein grüner Laser dient als Zielhilfe. Die Kapazität des Taser 10 wurde auf 10 Pfeilelektroden erweitert, die einzeln abgeschossen werden. Jede Elektrode kann sich mit einer anderen verbinden, um den Stromfluss herzustellen. Die Reichweite beträgt etwa 12 m und wurde damit gegenüber dem Vorgängermodell fast verdoppelt. Das Unternehmen hat auch auf einem auf einem Autodach montierten Hangar eine „gefesselte“ Drohne vorgestellt, die ferngesteuert zu Beobachtungsflügen eingesetzt werden kann.
Piexon (piexon.com ) hat, in Weiterentwicklung des bisher zweischüssigen Modells einer Reizgas verschießenden Pistole, ein vierschüssiges Modell herausgebracht. Der Pepper Soaker, ein pistolenförmiges Reizstoff-Sprühgerät, versprüht den Wirkstoff durch eine von einem Akku betriebene Pumpe, sodass, im Gegensatz zu bloßen Kartuschen, in denen der Gasdruck im Gebrauch nachlässt, der Wirkstoff mit stets gleichbleibendem Druck versprüht wird. Über eine LED wird das Zielgebiet beleuchtet und gleichzeitig der Sprühstrahl sichtbar gemacht.
Das österreichische Unternehmen Projectile (lesslethal-projectile.com ) hat die Möglichkeit, eines der nicht letalen, etwa 45 g schweren Verbundgeschoße auf den Lauf der Pistole zu stecken (hiezu Öffentliche Sicherheit 5-6-/22, Seite 125) insofern verbessert, als das Geschoß in einem am Holster getragenen Behältnis mitgeführt wird. Der Lauf der Pistole wird von oben herab auf das Anschluss-Stück des Geschoßes gestoßen. Dadurch wird dieses mit der Waffe verbunden und kann mit der scharfen Munition abgefeuert werden.
TAT3D (tat3d-germany.de ) bietet selbstfahrende und steuerbare Robot-Figuren als Zielobjekte an. Die Geschoße gehen durch die Figuren hindurch, sodass immer ein Kugelfang gegeben sein muss. Laserschießkinos wurden von Laser Ammo (laserammo.de ) und Milo Range (milorange.com ) vorgestellt.
Drohnen.
Die beiden Propeller der Solardrohne SolarXOne von XSun (xsun.fr ) werden von dem durch Solarzellen auf den Tragflächen erzeugten Strom angetrieben. Bei einer Nutzladung bis zu 5 kg kann sich die Drohne bis zu 10 Stunden in der Luft halten und bis zu 500 km weit fliegen.
Die Abwehr von Drohnen war ebenfalls ein Thema der Messe. Neben anderen Ausstellern wie Aartos hat SWIS (swis.eu ) ein Drohnenleit- und Abwehrfahrzeug präsentiert. Drohnen-Abwehr mit Netzwurfgeräten stellte die Schweizer Droptec GmbH (droptec.ch ) vor.
Die auf GPS spezialisierte PPM GmbH (ppmgmbh.com ) bietet unter anderem Anti-Jamming-Technik an.
Simulation von Verletzungen.
Mit Caesar, dem lebensgroßen und mit 75 kg auch gewichtsmäßig einem Menschen entsprechenden Dummy („Manikin“) der Firma CAE (cae.com ) kann der einsatzmäßige Umgang mit Traumapatienten geübt werden. Caesar ist beweglich wie ein Mensch und kann in jede Position gebracht werden. Über einen innen liegenden, 1,4 l fassenden Tank mit blutähnlicher Flüssigkeit können Blutungen nachgestellt und das Anlegen von Staubinden geübt werden.
Um bei der Ausbildung von Rettungsdiensten, Feuerwehren und Katastrophenschutz Verletzungen realistisch darzustellen, bietet die Firma Sebastian G. Metzger (rud-sgm.de ) Schminksets sowie, für spezielle Verletzungsmuster im Bereich Tactical Combat Casuality Care (TCCC), wiederverwendbare 3D-Wunden an, die auf den Darsteller aufgeklebt und mit Fleischpaste und Kunstblut eingefärbt werden. Die Wunddarstellung umfasst im Bereich Bloodline Verletzungen, die im Streifendienst vorkommen (Schnittwunden, Platzwunden, Frakturen), im Bereich Crimeline Messerverletzungen und Schusswunden, und bei Tacline Übungsphantome für massive Gewebezerstörungen und Sprengverletzungen. Das Unternehmen entwickelt für polizeiliche und militärische Einheiten komplette Einsatzszenarien, einschließlich pyrotechnischer Spezialeffekte und Simulation von Feindeinwirkung. Verletztendarstellung mit Personen, die sowohl medizinische als auch Schauspielausbildung haben, und mit Visagisten zum Schminken von Verletzungen wird auch von VDS Bunte Übung (vds-bunte-uebung.de ) angeboten,
Einsatz.
Transportable Beleuchtung, wie sie etwa für Tatortarbeit gebraucht wird, wurde von Seto (setolite.com ) sowie von Baselight (baselight.se) präsentiert. Mit herkömmlichen Schreibmaterialien bei Regenwetter oder unter Wasser zu schreiben, wird durch spezielles Steinpapier ermöglicht, das von Mode-Stone (modestone.eu ) und Rite in the Rain (riteintherain.com ) angeboten wurde.
Als Neuheit hat die aquanesa solution GmbH (lavese.de ) erstmalig auf einer Messe eine mobile Hygiene- und Sanitärversorgung für Einsatzteams präsentiert. Zur Ausstattung gehören Trockentoilette, Duschzelt, diverse Hygieneartikel und ein mobiles Waschbecken, das, aus erhöhter Position und mit einem Dusch-Schlauch versehen, ohne Strom und Akku auch als Dusche verwendet werden kann. Der Wassertank des Waschbeckens, das mit Tragriemen wie ein Rucksack transportierbar ist, benötigt keinen Festwasseranschluss. Der Inhalt reicht nach Herstellerangaben für mehr als 25-maliges Händewaschen.
Die Schweizer Katadyn Group (katadyngroup.com ) bietet Ausrüstung für Outdoor und Survival-Situationen an, unter anderem zur Wasseraufbereitung. Dazu auch Trockennahrung und Notfallrationen.
Bei der Enforce Tac 2023 wurden über 7.000 Fachbesucher aus rund 80 Ländern gezählt. Für die Enforce Tac 2024 vom 26. bis 28. Februar 2024 im Messezentrum Nürnberg ist unter der Bezeichnung Enforce-Tac-Village ein realistisches Trainingsgelände in einer der Messehallen geplant. Zudem sollen die Bereiche innere und äußere Sicherheit wegen ihres engen Zusammenhalts gleichermaßen abgedeckt werden.
enforcetac.com
Kurt Hickisch
Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2023
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