Asyl
Internationale und europäische Entwicklung
Die Grundlagen für die Entwicklung eines europäischen Asylsystems gehen auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates im Tampere Programm (1999) sowie im Haager Programm (2004) zurück.
Im Rahmen der ersten Phase (bis 1. Mai 2004) wurde die Schaffung gemeinsamer Mindestnormen (in Form von Richtlinien und Verordnungen) beschlossen:
- „Richtlinie vorübergehender Schutz“: Schaffung von Mindestnormen für Schutzgewährung im Falle eines Massenzustroms von Flüchtlingen (in Kraft seit 7. Aug. 2001)
- „Aufnahme- Richtlinie“: Regelung der Aufnahmebedingungen von Asylwerbern; Schaffung von Mindeststandards (in Kraft seit 6. Feb. 2003)
- „Dublin Verordnung“: Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates (in Kraft seit 17. März 2003)
- „EURODAC Verordnung“: Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Dublin Verordnung (in Kraft seit 15. Dez. 2000)
- „Status-Richtlinie“: Über die Anerkennung und den Status von Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten (in Kraft seit 20. Okt. 2004)
- „Verfahrens-Richtlinie“: Mindestnormen für Verfahren zur Zu- oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (in Kraft seit 2. Jän. 2006)
- „Rückführungs-RL“: Über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger.
In der zweiten Phase der Harmonisierung ist es zu einem weiteren Schritt hin zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gekommen; unter anderem durch die Schaffung von Asylverfahren nach einheitlichen Standards, sowie eines unionsweiten einheitlichen Status für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. Die Entscheidungsgrundlagen der Mitgliedstaaten wurden weiter angeglichen, die praktische Zusammenarbeit der nationalen Asylbehörden der Mitgliedstaaten mit Hilfe eines Europäischen Asylunterstützungsbüros (EASO) gestärkt und die Solidarität sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch mit Drittstaaten verbessert.
Um die Ziele der zweiten Phase zu verwirklichen, wurden im Juni 2013 Neufassungen der Verfahrens-, Status- und Aufnahme-Richtlinie, sowie der Dublin und EURODAC-Verordnung beschlossen:
- Neufassung (2011/95/EU) „Status-Richtlinie“: Anerkennung und Status von Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten (in Kraft seit 9. Jänner 2012)
- Neufassung (2013/33/EU) „Aufnahme- Richtlinie“: Regelung der Aufnahmebedingungen von Asylwerbern; Schaffung von Mindeststandards (in Kraft seit 19. Juli 2013)
- Neufassung (2013/32/EU) „Verfahrens-Richtlinie“: Mindestnormen für Verfahren zur Zu- oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (in Kraft seit 19. Juli 2013)
- Neufassung (604/2013) „Dublin Verordnung“: Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaates (in Kraft seit 19. Juli 2013, gilt für Anträge auf internationalen Schutz ab 19. Jänner 2014)
- Neufassung (603/2013) „EURODAC Verordnung“: Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Dublin Verordnung (in Kraft seit 19. Juli 2013, gilt ab 20. Juli 2015).
Auf Grundlage der Erfahrungen der Migrationskrise der Jahre 2015/16 wurden im Laufe des Jahres 2016 von Seiten der Europäischen Kommission neue Vorschläge für eine Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems vorgelegt:
- Möglichkeiten für eine Verteilung von Asylbewerbern auf die Mitgliedstaaten,
- eine weitere Harmonisierung der Asylverfahren und -normen, um die Bedingungen für Asylbewerberinnen und Asylwerber europaweit anzugleichen und dadurch irregulären Weiterreisen (Sekundärbewegungen) entgegenzuwirken,
- sowie ein Ausbau des Zuständigkeitsbereichs des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) und Errichtung einer eigenen Agentur.
Nach mehrjährigen erfolglosen Verhandlungen zur Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems legte die Europäische Kommission am 23. September 2020 den neuen Asyl- und Migrationspakt vor. Der Pakt legte hierbei den Fokus auf:
- ein System der verpflichtenden und flexiblen Solidarität (interne Dimension),
- die Etablierung verpflichtender Verfahren an den EU Außengrenzen,
- einen starken Außengrenzschutz und intensive Partnerschaften mit den Herkunfts- und Transitstaaten (externe Dimension)
Aktuell finden Verhandlungen zwischen den gesetzgebenden Organen der EU (Kommission, Rat und Europäisches Parlament) zur Asyl- und Migrationsmanagement-VO (ehem. Dublin VO), der Verfahrens-Verordnung, der Status-Verordnung, der EURODAC-Verordnung, der Resettlement-VO, einer Krisen-VO und der Aufnahme-Richtlinie statt. Österreich setzt sich dabei für die Schaffung eines nachhaltigen und praktikablen gemeinsamen Europäisches Asylsystem ein.
Seit dem 19. Jänner 2022 ist die Asylagentur-VO in Kraft, wodurch das bisherige Asyl-Unterstützungsbüro (EASO) mit deutlich mehr Kompetenzen ausgestattet wurde. Zusätzlich wurde das Schengener Informationssystem zur effizienten Nutzung von Rückkehrentscheidungen von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen weiterentwickelt (seit dem 7. März 2023 in Kraft).