Ausgabe 3/2015


Aktuelles vom Rechtsschutzbeauftragten

Zentrale Daten über die Kontrolltätigkeit des Rechtsschutzbeauftragten im Jahr 2014

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Manfred Burgstaller, Louis Kubarth

Dass der Rechtsschutzbeauftragte (fortan kurz: RSB) beim Bundesministerium für Inneres (BMI) – ihm obliegt vor allem die Kontrolle der in § 91c Sicherheitspolizeigesetz (SPG) aufgezählten sicherheitspolizeilichen Ermittlungshandlungen, die dem Betroffenen typischerweise zumindest zunächst nicht bekannt werden und somit auf dem Rechtsmittelweg nicht bekämpft werden können – Informationen über seine konkrete Tätigkeit im jeweils vorangegangenen Jahr auch der Öffentlichkeit zugänglich macht, ist mittlerweile gute Tradition. Diese dem Transparenzanliegen des RSB dienende Übung soll mit dem vorliegenden Beitrag, der zentrale Daten für 2014 bietet, fortgeführt werden. Die Erhebung der Daten aus den Meldungen wurde von Louis Kubarth durchgeführt. Die nähere Datenanalyse sowie die Auswahl und Aufbereitung der im Folgenden präsentierten Daten aus dem vom RSB Manfred Burgstaller verfassten Jahresbericht 2014, der gemäß § 91d Abs 4 SPG der Bundesministerin für Inneres zu erstatten war, erfolgte durch Manfred Burgstaller und Louis Kubarth gemeinsam.

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„K.O.-Tropfen“: Eine forensisch-toxikologische Betrachtung

Deliktszenarien, Substanzen, Wirkungen, Beweismittel, chemische Analytik, toxikologische Beurteilung

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Wolfgang Bicker

Substanzen mit Wirkung auf das Zentralnervensystem können die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit tiefgreifend beeinflussen. Daraus ergibt sich für viele Wirkstoffe ein Missbrauchspotential als „K.O.-Mittel“, etwa einem Getränk zugesetzt. Typische Auffälligkeiten eines Verdachtsfalls sind Schwindel, rasch aufgetretene Verhaltensänderung, Übelkeit und Benommenheit, wobei insbesondere zeitgleicher Alkoholkonsum zu Wirkungsverstärkungen führen kann. Die Erinnerung an den Vorfallszeitraum kann fehlend oder bruchstückhaft sein („Filmriss“), was die Rekonstruktion rechtsrelevanter Geschehensabläufe erschwert. Die Opfer können unter der Substanzwirkung manipulierbar sowie willenlos/wehrlos sein. Die Verabreichung von „K.O.-Tropfen“ steht daher nicht selten einem Sexual- oder Raubdelikt zeitlich nahe. Die Objektivierung einer „K.O.-Mittel“-Aufnahme bedarf der chemischen Analytik von Körperproben. Hierfür sind nur Verfahren geeignet, die eine beweisfeste Substanzidentifikation bis in den Spurenbereich erlauben sowie ein großes Substanzspektrum abdecken. Die Probenahme sollte Blut und Urin umfassen und möglichst zeitnah zum Vorfall erfolgen. Je nach Substanz und Dosierung können hier noch mehrere Tage nach Aufnahme analytisch erfassbare Konzentrationen vorhanden sein, bei sehr schnell abgebauten/ausgeschiedenen Substanzen kann dieses Zeitfenster allerdings auf weniger als einen Tag begrenzt sein. Im Rahmen der toxikologischen Beurteilung können etwa Aussagen über das im Vorfallszeitraum substanz-bedingt vorgelegene Zustandsbild getroffen und die Verantwortung zum bewussten Substanzkonsum auf ihre Plausibilität geprüft werden. Bei einem Wochen bis wenige Monate zurückliegenden Vorfall besteht mittels Haaranalyse die Chance auf einen Substanznachweis. In diesem Beitrag wird versucht, praxisorientiert Antworten auf Fragen zu geben, die sich beim Verdachtsfall „K.O.-Tropfen“-Verabreichung Betroffenen, Zeugen, Angehörigen und im Ermittlungsverfahren stellen können.

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Die Abstraktionsleiter der Städtebaulichen Kriminalprävention

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Günter Stummvoll

Eine Metapher als Vorspann: „Ich packe meinen Koffer und nehme mit […]“. Vor der Erfindung von Play-Station und Videospielen und lange vor der Verbreitung von sozialen Netzwerken, die heute auch unterwegs abruf bar sind, hat man Kinder auf langen Autofahrten mit Gedächtnisspielen beschäftigt. Eines dieser Spiele bestand darin, vom „Einpacken eines Koffers“ zu erzählen und Gegenstände zu nennen, die für die Reise in den Koffer gepackt werden können. Die Familie vereinbarte eine Person, die die Geschichte beginnt, indem sie sagt: „Ich packe meinen Koffer und nehme mit […] “ (und einen beliebigen Gegenstand nennt). Der jeweils nächste Mitspieler musste den gesamten Satz seines Vorgängers wiederholen, dabei alle bereits genannten Gegenstände in der richtigen Reihenfolge lückenlos nennen, und am Ende der Liste einen weiteren, eigenen Gegenstand hinzufügen. Ein Spieler verliert, wenn er Gegenstände in ihrer Reihenfolge vertauscht oder weglässt. So etwa ist das heute, wenn man sich mit dem Konzept der städtebaulichen Kriminalprävention beschäftigt. Entsprechende wissenschaftliche Beiträge vermitteln den Eindruck des „Kofferspiels“. Dabei darf kein Ding vergessen werden: Defensible Space, Rational Choice, Routine Activity Theory, Crime Pattern Theory, Crime Mapping und Hotspot-Analysen, Crime Prevention Through Environmental Design (CPTED), Design Against Crime, Geographic Profiling, Broken Windows, 2nd Generation CPTED, Intelligence-led Policing. Zuletzt wurde hinzugefügt: Urban Resilience (Lukas 2014). Am Ende steht die große Synthese aus allen Elementen. Das erste Problem dabei ist, dass der Koffer scheinbar unendlich gefüllt werden kann, solange die Fahrt eben dauert, oder bis einer vergisst, was am Anfang war. Das zweite Problem ist, dass man bekanntlich nichts mehr findet, wenn man zu viel eingepackt hat. Man verliert den Überblick. Meine Absicht in diesem Beitrag ist daher nicht nur, der Sammlung zur städtebaulichen Kriminalprävention ein weiteres Element hinzuzufügen, sondern vielmehr die einzelnen „Dinge“ zu ordnen und in einer Systematik neu aufzubereiten.

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Vom Steigen und Fallen der Kriminalitätsraten

Die Panelanalyse als Methode der datengestützten Kriminalitätsforschung

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Julius Heß, Esther Jarchow

Was sind die Ursachen für die räumliche Verteilung von Kriminalität und ihre zeitliche Variation? Wie ändert sich Kriminalitätsbelastung in Abhängigkeit vom Wandel ökonomischer, sozialer, politischer, justizieller und polizeilicher Rahmenbedingungen? Kriminalgeographische Panelanalysen sind besonders geeignet, Fragen dieser Art zu beantworten. Der vorliegende Artikel erörtert die Grundlagen der Panelanalyse, ihre Potentiale, Limitierungen und Voraussetzungen an Datenbeständen sowie ihre Anknüpfungspunkte an kriminologische Theorie. Die Methode wird anschließend anhand einer Analyse der Verteilung der polizeilich registrierten Tatverdächtigenbelastung in 91 Hamburger Stadtteilen in den Jahren 1995 bis 2009 exemplarisch verdeutlicht.

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Belastungserleben im berufsbegleitenden Studieren

Ein Vergleich von drei Ausbildungsangeboten der Fakultät Sicherheit, Fachhochschule Wiener Neustadt

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Ramona Knapp

Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, das Belastungserleben von berufsbegleitenden Studierenden zu erfassen. Bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen handelt es sich um Studierende der Fakultät Sicherheit der Fachhochschule Wiener Neustadt. Im Rahmen einer Längsschnittstudie wurden diese zu drei Zeitpunkten von September 2014 bis Januar 2015 anhand eines Fragebogens bezüglich ihres Stresserlebens befragt. Die Forschungsfragen betreffen einerseits die Unterschiede zwischen den drei Ausbildungen (Bachelorstudiengang, Masterstudiengang, Weiterbildungslehrgang), andererseits Unterschiede zwischen den drei Befragungszeitpunkten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass prinzipiell keine Unterschiede im Belastungserleben zwischen den Ausbildungen zu beobachten sind, innerhalb der einzelnen Jahrgänge des Bachelorstudiengangs jedoch Unterschiede bestehen. Was den Verlauf über das Semester anbelangt, wurde ersichtlich, dass sich die Doppelbelastung in der Mitte des Semesters signifikant vom Anfang und Ende des Semesters unterscheidet. Die Stressreaktion erhöht sich signifikant im Laufe des Semesters. Als unterstützende Maßnahme zur Verbesserung des Stressempfindens wird die Einrichtung von Tutorien durch das wissenschaftliche Personal empfohlen.

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Gewalt in der Familie

Beziehungsgewalt – ein schwer fassbares und kaum zu bewältigendes Phänomen

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Manfred Krampl

Gewalt in Beziehungen ist ein weltweit verbreitetes Phänomen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass das damit verbundene Klischeebild – gewalttätiger Mann schlägt Frau – nur ein Teil des Erscheinungsbildes ist. Gewalttätige Konflikte zwischen Kindern und Eltern, zwischen Geschwistern, zwischen kurzfristigen Lebens- oder Sexualpartnern, zwischen bereits lange getrennten Partnern, bis zum Streit unter Nachbarn, gehören mit zur Phänomenologie. Aber nicht nur die Beteiligten sind hier vielfältig, sondern vor allem auch die Motivationen hinter den Straftaten. Bestrafungen, Machtdemonstrationen, Gerechtigkeitsausgleiche, Wiederherstellung der Ehre, Persönlichkeitskränkungen und vieles mehr sind hier zu finden. Nicht selten eskalieren auch derartige Konflikte bis zum Mord, Selbstmord oder gar einem erweiterten Selbstmord. Sehr oft handelt es sich bei Täterinnen und Tätern „derartiger“ Eskalationen um keine polizeibekannten Gewalttäter, sondern um sozial integrierte und bisher strafrechtlich unauffällige Bürgerinnen und Bürger aller Bildungsschichten. Damit ergeben sich für die befassten Institutionen wie Justiz, Exekutive, Behörden u.a. unterschiedliche Problematiken: Die Brisanz und Gefährlichkeit des Verlaufes eines derartigen Konfliktes ist schwer einschätzbar. Ein derartiger Konflikt ist kurzfristig und einseitig kaum lösbar und damit auch eine bleibende latente Gefahr. Im Bundesministerium für Inneres ist man sich dieser Problematik bewusst und es wird versucht, mit zahlreichen Maßnahmen, die weit über die Tatbestandsaufnahme und die Anzeigenweiterleitung hinausgehen, die tragischen Auswirkungen dieser Phänomenologie zu reduzieren.

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Schnittstellen polizeilicher und militärischer Sicherheit

Hilfeleistungen der Bundeswehr im Inneren angesichts zunehmend multipler Katastrophen- und Bedrohungslagen

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Veit Petzoldt

Die sicherheitspolitische Lage hat sich verändert, sie ist komplexer geworden und nicht mehr so leicht in innen bzw. außen oder zivil bzw. militärisch zu unterteilen. Dies macht auch die Entscheidung schwerer, welche Sicherheitsgaranten wann eingesetzt werden dürfen. Aber so wie die Notwendigkeit der Bekämpfung von Naturkatastrophen auch mit militärischen Mitteln eingesehen wurde, kann es inzwischen auch eine Notwendigkeit für die Bekämpfung von Menschen gemachter Bedrohungen oder bereits eingetretener Katastrophen mit militärischen Mitteln geben. Leider passen sich Katastrophen- und Bedrohungslagen nicht an unsere Gesetzeslagen an – in einer wehrhaften Demokratie sollte es umgekehrt sein. Der folgende Artikel zeigt die derzeitig in Deutschland geltenden und vor allem durch das Grundgesetz repräsentierten rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Daraus folgend wird ein fiktives Hilfeersuchen der Polizei an das Militär vorgestellt. Hierbei handelt es sich um eine Amoktat, für deren Bekämpfung militärisches Gerät benötigt wird. Zweifellos könnte der Sachverhalt nur minimal abgewandelt auch als Terrorakt definiert werden – was die zunehmende Komplexität der aktuellen Herausforderungen für alle demokratischen Sicherheitsgaranten aufzeigen soll. Abschließend folgen nahezu zwingend Gedanken zur Weiterentwicklung der Sicherheitsdienstleistung – unter den derzeitigen Sicherheitslagen und im internationalen Vergleich mit europäischen Nachbarstaaten, die unsere Verbündeten sowohl im eher zivilen Bereich der EU, als auch im militärischen Sektor der NATO sind.

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Das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015

Neugestaltung des Zulassungsverfahrens und Umsetzung von EU-Vorgaben sowie höchstgerichtlicher Judikatur im Fremdenrecht

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Tamara Völker, Valentina Arnez

Am 20. Juli 2015 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 (FrÄG 2015) unter BGBl I Nr 70/2015 in Kraft. Es handelt sich um ein umfangreiches Paket mit Änderungen des BFA-Einrichtungsgesetzes (BFA-G), des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) und des Grundversorgungsgesetz-Bund 2005 (GVG-B 2005). Hintergrund sind zum einen die Einigung zwischen dem Bund und den Ländern zur flexiblen Steuerung bei der Aufnahme und Betreuung von Asylwerbern entsprechend dem Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 18. November 2014 (Bund-Länder-Einigung), dessen Umsetzung begleitende legistische Maßnahmen erforderte, und zum anderen unionsrechtliche Vorgaben auf Grund der Neufassungen der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) und der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie). Die Bund-Länder-Einigung bezweckt eine gleichmäßige Verteilung der Asylwerber von Beginn an, durch Neugestaltung des Zulassungsverfahrens, insbesondere durch Entfall der Einschränkung des Zulassungsverfahrens auf die Erstaufnahmestellen und Entfall der „automatischen“ Vorführung in die Erstaufnahmestellen. Durch die Verfahrens- und Aufnahmerichtlinie wird außerdem ein weiterer Schritt in Richtung Harmonisierung der Regelungen eines gemeinsamen europäischen Asylverfahrens gesetzt. Das FrÄG 2015 dient ferner der Umsetzung zahlreicher innerstaatlicher und europäischer höchstgerichtlicher Entscheidungen und spiegelt somit die besondere Dynamik des Fremdenrechts wider. Angesichts des weiten Umfanges dieses Gesetzespaketes beschränkt sich der vorliegende Beitrag vor allem darauf, einerseits jene Änder ungen aufzugreifen, die im parlamentarischen Prozess intensiven Diskussionen ausgesetzt waren und andererseits die wesentlichen Hintergründe der Neugestaltungen darzustellen, die aus der Bund-Länder-Einigung, den europäischen Richtlinien und der Judikatur resultieren.

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