Ausgabe 2/2011


Rechtsextreme Straftaten im Kontext

Ergebnisse und Perspektiven der Forschung

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Gerhard Hanak, Brita Krucsay et al.

Im Rahmen des Forschungsprojekts "Rechtsextreme Straftaten im Kontext", das als erstes Modul eines umfangreicheren Forschungsschwerpunkts konzipiert und im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres durchgeführt wurde, sollten unterschiedliche Annäherungen an die institutionelle (vor allem polizeiliche und strafrechtliche) Kontrolle rechtsextrem motivierter Straftaten, wie sie von Sicherheitsbehörden und Strafjustiz im Zeitraum 1990 bis 2009 praktiziert wurde, kombiniert werden. Neben einem kursorischen Überblick über neuere sozial- und politikwissenschaftliche Diskurse und Literatur sowie österreichische Forschungen zum Thema Rechtsextremismus sollten mehrere empirische Erhebungen, die sich auf offizielle Statistiken und Dokumente stützten (Statistiken, Verfassungsschutzberichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung [BVT], Anzeigen, Tagebücher der Staatsanwaltschaften) eine Rekonstruktion einschlägiger Tathandlungen und ihres sozialen Kontexts leisten. Das ausgewertete Material soll zum einen für die Gewinnung einer möglichst anschaulichen Phänomenologie und Typologie rechtsextrem motivierter Delikte nutzbar gemacht werden, zum anderen aber auch die Logik und die Routine der polizeilich-strafrechtlichen Reaktion (und der ihr zu Grunde liegenden Annahmen und Prämissen) sichtbar machen.

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"Leadership"

Ein Führungsprinzip zwischen Anspruch und Wirklichkeit

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Franz Hollerer, Wolfgang Peischel

Die Themenbereiche Führung, Leadership und Management sind in Forschung, Lehre und Praxis ein überaus beliebter Gegenstand umfassender Betrachtungen aus verschiedensten Blickwinkeln. Gerade durch diese intensive Beschäftigung wird eine ständige Weiterentwicklung dieses Themenfeldes sichergestellt. Die Autoren bearbeiten mit Studenten des Masterstudienganges „Strategisches Sicherheitsmanagement“, welcher 2009 an der Fachhochschule Wiener Neustadt implementiert wurde, im Rahmen der Lehrveranstaltung „Leadership: Theory and Doctrine“ diese Bereiche, die gerade auch für sicherheitsrelevante Organisationen von entscheidender Bedeutung für den „Unternehmenserfolg“ sind. Der vorliegende Beitrag stellt Leadership als das Führungsprinzip, als kritischen Erfolgsfaktor nachhaltiger Führung an sich dar, mit dem eine Organisation unter Inkaufnahme von Einschränkungen im unmittelbaren Führungshorizont auf langfristige Überlebenssicherheit hin ausgerichtet wird. Gezielte Personalauswahl in Verbindung mit einer qualitativ hochwertigen Ausbildung wird als Schlüssel für optimierte Führungsleistung definiert. In weiterer Folge wird ein Modell vorgestellt, welches die Wirkungszusammenhänge verschiedener Führungsebenen, Zeithorizonte und Qualitäten von Führung erklärt und beschreibt. Abgerundet werden die Ausführungen durch die Betrachtung von Leadership-Ansätzen bei ausgewählten klassischen, strategischen Denkern und deren Einfluss auf die heutige Führungspraxis.

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Rechtsnatur und Wirksamkeit der "Patenschaftserklärung"

Eine zivilrechtliche Analyse und ihre Folgen für die Praxis

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Susanne Knasmüller

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) fordert vom Antragsteller für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – beschränkt“ nach § 44 Abs 4 den Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine Unterkunft und eines alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes. Ebenso muss sichergestellt sein, dass der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führt. Für die Beantragung einer solchen Niederlassungsbewilligung für besonders berücksichtigungswürdige „Altfälle“ ermöglicht der Gesetzgeber, den Nachweis dieser Erteilungsvoraussetzungen auch durch Vorlage einer Patenschaftserklärung gemäß § 2 Abs 1 Z 18 NAG zu substituieren. Diese Erklärung unterliegt dem Formerfordernis der notariellen Beglaubigung. In der Praxis begegnen uns Fälle, in denen eine solche Erklärung nicht eindeutig in Hinblick auf die Beantragung eines NAG-Titels abgegeben wird – so beispielsweise während noch laufender Asylverfahren. Diesfalls wäre naheliegend, dass die Grundversorgungsbehörde die Hilfsbedürftigkeit des begünstigten Asylwerbers aberkennt und die Rückforderung der Grundversorgungskosten beim Paten anstrebt.4 Dieser Fall soll folglich genauer untersucht werden. Es stellt sich dabei die Frage, ob die Patenschaftserklärung bereits ab dem Zeitpunkt der Vorlage bei der Behörde Wirksamkeit entfaltet und somit auch die Rückforderung der Grundversorgungskosten hierauf gestützt werden kann, oder ob die Patenschaftserklärung nur in Hinblick auf die Beantragung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG rechtswirksam wird. Zur Beantwortung dieser Fragestellung ist zum Ersten die Rechtsnatur der abgegebenen Erklärung wesentlich, folglich auch die rechtskonforme Auslegung dieses Sicherungsgeschäfts.

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Understanding Transnational Organized Crime

A constructivist approach towards a growing phenomenon

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Thomas Pankratz, Hanns Matiasek

Generally speaking, ends, ways and means of Organized Crime (OC) remain consistent: the main motive of OC was, is and will be profit (“ends”). Trade with any goods, even human beings, is still the most powerful lever (“means”) to gain profit. And the central method (“ways”) is corruption. What is “new” in regard to OC is the increasingly transnational character of this phenomenon, in terms of an expansion in volume, geographical scope, and the complexity of the criminal process. Organized Crime is no longer an isolated issue of criminality in a single country, but a transnational problem affecting the global system and international relations. Transnational Organized Crime (TOC) today is much more about transactions and related processes than actual products; its real power and flexibility therefore lies in the network of nodes that connects initial production and final distribution of any good or service that it encompasses. From our point of view, it is not possible to define TOC through a positivist or normative approach that claims to describe the phenomenon definitively. As shown in this article, the idea of a single model that defines TOC as entity, unavoidably leads to misinterpretation because this man-made phenomenon appears in various fields of criminal activity and also acts through diverse types of organizational structures. Instead, we apply a constructivist view that incorporates these varied dimensions of TOC into account and enhances our explanatory power and flexibility. Through such an approach, TOC can be understood primarily as a set of interactions – and therefore its process-related character becomes much clearer.

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Der Kampf gegen den Frauenhandel in Österreich vor dem Ersten Weltkrieg

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Jürgen Nautz

Der Frauenhandel entwickelte sich als Begleiterscheinung der ersten Globalisierungs- und Migrationswelle im Gefolge der Industrialisierung seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die ärmsten Gebiete der Habsburgermonarchie waren die Hauptrekrutierungsgebiete für die Opfer; in Altösterreich war dies vor allem Galizien. Hauptdestination war vor 1914 Buenos Aires. Rasch stand die Problematik ganz oben auf der politischen Tagesordnung, wozu vor allem zivilgesellschaftliche Initiativen gesorgt haben. Die Strategien gegen Frauenhandel waren fast von Beginn an geprägt durch modern anmutende Governance-Strukturen, die auch in Österreich Erfolge verbuchen konnten. Der Beitrag zeigt die Kooperation in Österreich am Beispiel der „Österreichischen Mädchen- und Kinderschutz-Liga“.

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Jugendgewalt in Deutschland

Zentrale Ergebnisse und Befunde

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Daniela Pollich, Andreas Daniel

Der vorliegende Artikel gibt eine Übersicht über den aktuellen Stand der deutschen Forschung zu jugendlicher Gewaltdelinquenz. Als bedeutsame Korrelate der Gewaltdelinquenz erweisen sich hier unter anderem das Geschlecht, die Ethnizität, die Gleichaltrigenclique, der soziale Raum und der Medienkonsum. Nicht nur die möglichen Ursachen, sondern auch die Entwicklung jugendlicher Delinquenz steht im Fokus der Forschungsbemühungen. Dabei lassen sich die Untersuchungen hinsichtlich der untersuchten Datengrundlage (Hell- und Dunkelfeld) und des Designs (Panel-, Trendstudien) unterscheiden. Neben einem allgemeinen Überblick über die deutsche kriminalsoziologische und kriminologische Längsschnittforschung stellt der Artikel die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Panelstudie Kriminalität in der modernen Stadt (CRIMOC) ausführlich vor. Abschließend werden einige aus der Gewaltforschung bekannte Prädiktoren anhand zweier multivariater Analysen der Datenbesagter Studie auf ihren Zusammenhang mit Gewaltprävalenz und Gewalthäufigkeit getestet. Dabei können die in der Literatur berichteten Befunde weitgehend untermauert werden.

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Die Ambulanz des Ludwig Boltzmann Instituts für Klinisch-Forensische Bildgebung in Graz

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Reingard Riener-Hofer, Kathrin Yen et al.

Der Schutz von Menschen vor Gewalt ist ein Grundgedanke sicherheitspolizeilichen Vorgehens, seine Verbesserung ein gesellschaftspolitisches Anliegen und Ziel verschiedenster gesetzgeberischer Aktivitäten. Mit der Erlassung eines ersten und eines zweiten Gewaltschutzgesetzes hat der österreichische Gesetzgeber in Europa eine Vorreiterrolle eingenommen. Voraussetzung für Schutzmaßnahmen und strafrechtliche Sanktionen ist die juristische Beurteilung von Gewalt, welche zumeist auf der Bewertung des Grades der Gewalteinwirkung von fachkompetenter Seite aufbaut. Diesbezügliche Begutachtungen, ihre Vollständigkeit und Genauigkeit, spielen für den/die Juristen/in in seiner/ ihrer Entscheidungsfindung eine wesentliche Rolle und stehen darüber hinaus im Dienste der Rechtssicherheit. Diesem übergeordneten Ziel hat sich auch die mit Oktober 2008 in Betrieb genommene Ambulanz des Ludwig Boltzmann Instituts für Klinisch-Forensische Bildgebung in Graz verschrieben. Durch eine zeitnahe und umfassende rechtsmedizinische Dokumentation von Verletzungen und Spuren nach gewaltsamen Ereignissen soll nicht nur die Qualität des medizinischen Sachverständigenbeweises an sich, sondern auch die Qualität der darauf basierenden gerichtlichen Entscheidungsfindung gesteigert werden. Der folgende Beitrag soll einen Einblick in den Tätigkeitsbereich der Klinisch-Forensischen Ambulanz geben und auf die Bedeutung zeitnah zum Ereignis erfolgender forensischer Untersuchungen an lebenden Gewaltopfern hinweisen.

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Serienbrandstiftungen

Annäherung an ein Phänomen

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Frank D. Stolt

Die Ermittlungen von Serienbrandstiftungen bedürfen ganz besonderer Sorgfalt und Gründlichkeit. Die Häufigkeit der Taten und die Gemeingefährlichkeit lösen immer wieder Ängste und große Besorgnis in der Bevölkerung der betroffenen städtischen und ländlichen Bereiche aus. Schnell ist in den Medien die Rede vom „Feuerteufel“. Das subjektive Sicherheitsgefühl in weiten Teilen der unmittelbar betroffenen Bevölkerung wird erheblich negativ beeinflusst, wenn ebendieser umgeht. Leider gibt es in der deutschsprachigen kriminalistischen Fachliteratur keine wirklich brauchbare Definition zu Serienbrandstiftungen. Auf der anderen Seite gibt es viele Erkenntnisse zu einem möglichen „Täterprofil“. Serienbrandstifter sind in der Regel männlich und Einzeltäter. Der Serienbrandstifter bevorzugt im Allgemeinen gleiche oder ähnliche und meist unbeleuchtete Objekte, z.B. Abfallbehälter, Müllcontainer, Kraftfahrzeuge, unverschlossene Gebäude, Waldstücke usw. Nur in seltenen Fällen ändert der Serienbrandstifter bei einer länger anhaltenden Serie auch die bevorzugten Objekte. Hat der Täter beim ersten Brand noch Hemmungen, entfallen diese nach einer einmal geglückten Brandlegung sehr schnell. Selten werden von Serienbrandstiftern irgendwelche brandfördernde Mittel, wie Benzin, Diesel etc. genutzt. Serienbrandstifter, die in den Abendstunden kurz vor oder nach Einbruch der Dunkelheit tätig werden, sind häufig Jugendliche. Heranwachsende nützen in aller Regel die bereits angebrochene Dunkelheit aus. Erwachsene werden erst in den späten Abend- bzw. frühen Morgenstunden aktiv. Serienbrandstifter sind meistens Nahbereichstäter.

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