Krisen- und Katastrophenmanagement 

Zivilschutz in Österreich

Internationales Katastrophenmanagement

Bevölkerungswachstum, ökonomische und technologische Entwicklungen sowie ökologische Veränderungen führten im letzten Jahrhundert zu einem dramatischen Anstieg an Umwelt-, Natur- und Technologiekatastrophen. Nationale Ressourcen reichen nicht mehr aus, um diese Katastrophen wirksam zu bekämpfen, eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist geboten.

Seit den 1980er-Jahren sind internationale Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen , die Europäische Union und die NATO-Partnerschaft für den Frieden  bestrebt, Konzepte zur Verbesserung der internationalen Kooperation bei Katastrophen zu entwickeln.

Diese Verfahren sehen Kooperationsmaßnahmen im Bereich der Vermeidung, der Vorsorge und Bewältigung vor. Zu den grundlegenden Elementen der internationalen Kooperation zählen die Festlegung nationaler Kontaktstellen, die Evident-Haltung von Ressourcen für grenzüberschreitende Einsätze, gemeinsame Ausbildungs- und Übungsvorhaben sowie die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Prävention.

Wegbereitend waren die Vereinten Nationen,  die als Konsequenz aus dem verheerenden Erdbeben in Armenien bereits 1988 Aktivitäten zur Verbesserung der Kooperation der internationalen Staatengemeinschaft in der Katastrophenhilfe setzten. 1991 verabschiedete die UN Generalversammlung die Resolution 46/182,  die die Grundregeln der internationalen Katastrophenhilfe normierte und den Vereinten Nationen die führende Rolle bei der Leitung und Koordination von Katastrophenhilfsmaßnahmen zuteilte. Hierfür wurde auch das damalige Department of Humanitarian Affairs geschaffen, das nach einer Reorganisation 1998 im UN OCHA (UN-Office for the Coordination of Humanitarian Affairs ) in Genf aufging. Österreich hat die internationalen Bemühungen von Anfang an aktiv unterstützt und eine führende Rolle beim Ausbau des Katastrophenhilfesystems der Vereinten Nationen gespielt.

Zur besseren Information und Einbindung aller Akteure wurden Internetplattformen wie

geschaffen.

Die Feuerwehr im Hochwassereinsatz in Bosnien und Herzegowina
Die Feuerwehr im Hochwassereinsatz in Bosnien und Herzegowina
© Matthias Fischer, LFKDO NÖ

Neben den Systemen der internationalen Katastrophenhilfe kommt insbesondere der bilateralen Katastrophenhilfe große Bedeutung zu. „Wer rasch hilft, hilft doppelt“. Österreich hat deshalb mit fast allen Nachbarstaaten sowie mit mehreren anderen Staaten innerhalb und außerhalb Europas bilaterale Katastrophenhilfeabkommen abgeschlossen. Diese Abkommen regeln die Zusammenarbeit zur Vorbeugung und Bekämpfung von Katastrophen, insbesondere durch die Festlegung von Ansprechstellen, die Erleichterung des Grenzübertritts von Katastrophenhilfeteams sowie die vereinfachte Ein- und Ausfuhr von Hilfsgütern und Ausrüstungsgegenständen. Ebenso werden Fragen der Einsatzführung, des Kostenersatzes, etwaige Schadenersatzansprüche und die Durchführung gemeinsamer Übungen geregelt. Im Anlassfall werden bilaterale Hilfsmaßnahmen von der Abteilung II/ORK/10 des BMI koordiniert.

Die Bundeswarnzentrale (BWZ) im Lagezentrum BMI ist in Österreich die zentrale 24/7 Kontaktstelle für internationale Hilfsersuchen bei Katastrophenfällen.

Österreich war seit 2003 bei 169 Hilfsmaßnahmen im Rahmen der EU, NATO oder bilateral aktiv beteiligt (Stand Dezember 2022). Unter anderem

Jahr Einsatz
2022 Slowenien Waldbrände (Juli 2022), Frankreich Waldbrände (August 2022), Ukraine Krieg (März 2022 – laufend), Bangladesh Covid 19 (Jänner/Februar); Ecuador Covid 19 (Jänner)
2021 Bangladesch Covid 19 (Dezember), Usbekistan Covid 19 (November), Tadschikistan Covid 19 (November), Sierra Leone Explosion Tanker (November), Vietnam Covid 19 (November), Lettland Covid 19 (Oktober), Rumänien Covid 19 (Oktober), Costa Rica Covid 19 (September), Iran Covid 19 (August), Griechenland Waldbrände (August), Nord Mazedonien Waldbrände (August), Litauen Migration (Juli), Belgien Überschwemmungen (Juli), Tunesien Covid 19 (Juni), Timor-Leste Überschwemmungen (Mai/Juni), St. Vincent/Grenadinen Vulkanausbruch (Mai/Juni), Fidji Covid 19 (Mai/Juni), Nepal Covid 19 (Mai/Juni), Moldawien Covid 19 (Mai), Indien Covid 19 (April)
2020 Kroatien Erdbeben (Dezember), Sudan Überschwemmungen (Oktober/November), Griechenland Migration Lesbos/Moria (September), Libanon Explosionskatastrophe Beirut (August), Italien COVID-19 (April), Kroatien Erdbeben (März), Griechenland Migration (März), China COVID-19 (Jänner)
2019 Erdbeben in Albanien (September und November), Waldbrände in Bolivien (September), Überschwemmung im Iran (März), Tropensturm „Idai“ in Mosambik (März)
2018 Erdbeben/Tsunami Indonesien (Oktober), Migrationskrise Bosnien-Herzegowina (Juni), Engpass Immunglobulin Rumänien (März) 
2017 Überschwemmungen in Albanien (Dezember), Waldbrände in Chile (Februar) 
2016 Humanitäre Krise im Irak (November), Wirbelsturm „Matthew“ in Haiti (Oktober), Überschwemmungen in Mazedonien (August) 
2015/2016 Migrationskrise Griechenland 2015 und 2016
2015 Zur Linderung der Auswirkungen aufgrund der zivilen Unruhen in der Ukraine, sowie Überflutungen in Albanien, Mazedonien und Myanmar und Erdbeben in Nepal; im Rahmen der Migrationskrise in Slowenien, Kroatien und Serbien
2014 Schnee-und Eis-Chaos in Slowenien, den Überschwemmungen in Bosnien und Herzegowina und Serbien sowie Ebola-Epidemie in Westafrika 2014,
2013 Tropensturm Haiyan auf den Philippinen 2013,
2012 Flüchtlingsbewegungen aufgrund der Syrien-Krise 2012,
2011 Erdbeben und Tsunami in Japan, Überschwemmungen in Pakistan, Erdbeben in der Türkei sowie Überschwemmungen auf den Philippinen 2011,
2010 Überschwemmungen in Albanien, Rumänien, Pakistan, Bosnien und Herzegowina und Montenegro sowieErdbeben in Haiti und Chile 2010,
2009 Überschwemmungen in Namibia und Tadschikistan sowie beim Seebeben und Tsunami auf Samoa 2009,
2008 Tropensturm in Myanmar 2008,
2007 Waldbränden in Griechenland, Mazedonien und Albanien 2007
2006 Erdbeben in Indonesien und den Überflutungen in Äthiopien 2006
2005 Flutkatastrophen in New Orleans (Hurrikan „Katrina“) und Südostasien (Tsunami) sowie Hochwassereinsätzen in Rumänien und Bulgarien
2003/2004 Erdbeben in Algerien, Iran und Marokko

Europäische Zusammenarbeit im Katastrophenschutz

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Ende der 1980er Jahre begannen die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften angesichts größerer Umweltkatastrophen, eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes ins Leben zu rufen. Im Oktober 2001 beschlossen die Innenminister der EU das „Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen“, das auch als „Mechanismus“ bezeichnet wird. Der Mechanismus wurde im Laufe der Jahre dreimal adaptiert und erweitert.

Konsolidierte Version des aktuellen Unionsverfahrens 

Die 36 Teilnehmerstaaten dieses Unionsverfahrens sind die 27 Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Republik Nordmazedonien, Montenegro, Norwegen, Serbien, Türkei, Bosnien und Herzegowina, Albanien und Ukraine. Das Ziel des Unionsverfahrens liegt in der besseren Koordinierung der Hilfsmaßnahmen bei Natur- und von Menschen verursachten Katastrophen. Das Unionsverfahren kann auf Ersuchen des betroffenen Staates auch bei Katastrophenschutzeinsätzen außerhalb der EU Anwendung finden.

Polizei-Hundeführer im Auslandseinsatz
Polizei-Hundeführer im Auslandseinsatz © BMI

Dem Prinzip der europäischen Solidarität folgend, soll das Unionsverfahren aktiviert werden, wenn nationale Hilfsmaßnahmen eines Staates nicht ausreichen, um bei Katastrophen angemessen reagieren zu können. Im Anlassfall wird den Behörden im Katastrophengebiet die Möglichkeit gegeben, rasch auf ein weit gespanntes Netz von Katastrophenschutzexperten, Einsatzteams und sonstigen Ressourcen der Europäischen Union zurückgreifen zu können. Damit wird sichergestellt, dass zusätzliche Kapazitäten der EU so schnell wie möglich in die betroffenen Gebiete gebracht werden können. Durch das Unionsverfahren wird auch der Erfahrungsaustausch auf europäischer Ebene gefördert.

Im Mittelpunkt des europäischen Katastrophenschutzes steht das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre/ERCC ) in Brüssel. Diese Dienststelle der Europäischen Kommission dient als zentrale Informations- und Koordinationsplattform. Sie ist rund um die Uhr mit den Kontaktstellen der teilnehmenden Staaten verbunden und u.a. für die Weiterleitung von Hilfsersuchen und Hilfsangeboten sowie zur Unterstützung bei Transport und Logistik verantwortlich.

Ein EU-Wissensnetzwerk für den Katastrophenschutz soll dazu beitragen, aus dem Vergangenen zu lernen und sich durch den kontinuierlichen Austausch von Erfahrungen, Expertise und Innovation gemeinsam besser auf neue Gefahren vorzubereiten. Die Verbindung von Katastrophenschutzpraxis, Wissenschaft und Forschung ist das „A und O“, um fundierte Vorsorge zu betreiben. So können neuste Forschungsergebnisse und innovative Lehransätze in Ausbildung, Übungen und Praxis im Katastrophenschutz integriert werden. Das EU-Wissensnetzwerk wird mit Hilfe seiner digitalen Plattform  zu einem zentralen Element des Katastrophenschutzverfahrens und trägt in vielfacher Hinsicht zur besseren Vernetzung bei.

Die Abteilung II/ORK/10 des BMI vertritt Österreich in den Gremien und Arbeitsgruppen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahren der Union  und ist die nationale Koordinationsstelle im Fall von Hilfsmaßnahmen. Die Bundeswarnzentrale (BWZ) im Lagezentrum BMI ist die permanente Kontaktstelle für Hilfsersuchen.

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Bilaterale Katastrophenhilfeabkommen

  1. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Albanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl. III Nr. 107/2011 vom 7. Juli 2011
    Das Abkommen wurde am 27. Jänner 2010 unterzeichnet und ist mit 1. Juli 2011 in Kraft getreten.
  2. Memorandum of Unterstanding (44,6 KB) zwischen dem Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich und dem Sicherheitsministerium der Republik Bosnien und Herzegowina über die gegenseitige Unterstützung bei Naturkatastrophen und vom Menschen verursachten Katastrophen.
    Das Memorandum wurde am 12. Juni 2015 unterzeichnet.
  3. Memorandum of Unterstanding (35,2 KB) zwischen dem Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich und der China Earthquake Administration über die gegenseitige Unterstützung bei Naturkatastrophen und vom Menschen verursachten Katastrophen. Das Memorandum wurde am 20. Mai 2016 unterzeichnet.
  4. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl Nr. 489/1992 vom 6. August 1992
    Das Abkommen wurde am 23. Dezember 1988 unterzeichnet und ist mit 1. Oktober 1992 in Kraft getreten.
  5. Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBL III Nr. 119/2005 vom 12. Juli 2005
    Das Abkommen wurde am 13. März 2004 unterzeichnet und ist mit 1. Mai 2005 in Kraft getreten.
  6. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl. III Nr. 131/2006 vom 31. Juli 2006
    Das Abkommen wurde am 17. September 2004 unterzeichnet und ist mit 1. August 2006 in Kraft getreten.
  7. Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl Nr. 758/1995 vom 21. November 1995
    Das Abkommen wurde am 23. September 1994 unterzeichnet und ist mit 1. Jänner 1996 in Kraft getreten.
  8. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Königreichs Marokko über die Zusammenarbeit im Bereich des Zivilschutzes
    BGBl. III Nr. 90/2011 vom 31. Mai 2011
    Das Abkommen wurde am 9. November 2009 unterzeichnet und ist mit 1. Oktober 2010 in Kraft getreten
  9. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen und die Zusammenarbeit bei deren Prävention
    BGBl. III Nr. 226/2013 vom 13. August 2013
    Das Abkommen wurde am 08. Oktober 2012 unterzeichnet und ist mit 01. Oktober 2013 in Kraft getreten.
  10. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen und die Zusammenarbeit bei deren Prävention, BGBl. III Nr. 49/2019 vom 05.04.2019
  11. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBL III Nr. 29/2002 vom 19. Februar 2002
    Das Abkommen wurde am 22. März 2000 unterzeichnet und ist mit 1. März 2002 in Kraft getreten.
  12. Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen
    BGBl III Nr.155/1998 vom 2. Oktober 1998
    Das Abkommen wurde am 11. Juni 1997 unterzeichnet und ist mit 1. November 1998 in Kraft getreten.
  13. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und gegenseitigen Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl III Nr. 87/1998 vom 3. Juni 1998
    Das Abkommen wurde am 28. Juni 1996 unterzeichnet und ist mit 1. Juli 1998 in Kraft getreten.
  14. Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl III Nr. 215/2000 vom 19. Dezember 2000
    Das Abkommen wurde am 14. Dezember 1998 unterzeichnet und ist mit 1. November 2000 in Kraft getreten.
  15. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
    BGBl III Nr. 76/1998 vom 15. Mai 1998
    Das Abkommen wurde am 26. April 1996 unterzeichnet und ist mit 1. Juli 1998 in Kraft getreten.
  16. Mit Aserbaidschan, Serbien, Georgien und Tunesien sind Verhandlungen über ein bilaterales Katastrophenhilfeabkommen im Laufen.

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