Ausgabe 2/2016


Wissenschaft und Forschung in der CEPOL

Neue Rechtsgrundlage

Volltext (641,8 KB)  Zitation (2 KB) 

János Fehérváry

Am 25.11.2015 wurde mit einer neuen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates (VO 2015) ein langwieriger Prozess zur Gestaltung der neuen Rechtsgrundlage für die Europäische Polizeiakademie (CEPOL) abgeschlossen (EU 2015). Damit wurde der bislang geltende Beschluss des Rats vom 20.09.2005 (EU 2005), mit dem die Europäische Polizeiakademie als EU-Agentur eingerichtet wurde, ersetzt und aufgehoben. Die Implementierung der wesentlichen Bestimmungen der VO 2015 erfolgt mit 01.07.2016. In der VO 2015 wird der Auftrag der CEPOL für den Bereich Wissenschaft und Forschung, im Vergleich zur bisherigen Rechtsgrundlage, deutlich erweitert. Neu ist auch die Möglichkeit der Errichtung eines wissenschaftlichen Beirats. Für den Fall, dass ein derartiges Gremium tatsächlich eingerichtet wird, sind in der VO dafür die allgemeinen Bestimmungen sowie die Beschreibungen des Zieles und der Aufgaben des Beirats vorgegeben. Im EU-Gesetzgebungsverfahren waren die Erweiterung des Aufgabenbereichs sowie insbesondere die Errichtung eines wissenschaftlichen Beirats sehr umstritten. Nach einer kontroversen Diskussion einigte man sich schlussendlich auf schwammige Kompromisse, die es den Organen der CEPOL sehr schwer machen werden, diese umzusetzen. Es wird sich wohl erst zeigen, ob innerhalb der CEPOL tatsächlich ein wissenschaftlicher Beirat in naher Zukunft eingerichtet werden kann und inwiefern den erweiterten Aufgaben entsprochen wird.

zurück zur Übersicht


Zwischen Gewissheit und Schätzung „ins Blaue"?

Theoretische Grenzen der Straftatenprognose

Volltext (748,6 KB)  Zitation (1,8 KB) 

Jochen Schramm, Esther Jarchow, Simone Rabitz-Suhr

Die Autoren Geiselberger und Moorstedt gaben ihrem im Jahr 2013 erschienenen Buch zum Thema "Big Data" den Titel "Das neue Versprechen der Allwissenheit" (Geiselberger/Moorstedt 2013). Damit deuten sie an, welche Hoffnungen mit der Auswertung von Massendaten verknüpft werden. Predictive Policing, die so genannte vorausschauende Polizeiarbeit, kann als eine Entfaltung von Big Data betrachtet werden. Sie basiert auf einer datengestützten Kriminalitätsprognose – oder genauer: der Vorhersage von Straftaten – durch welche die Polizei bereits in deren Vorfeld agieren kann. Verschiedene Polizeibehörden pilotieren derzeit den Software-Einsatz und sammeln Erfahrungen mit dieser Polizeitaktik. Dieser Artikel setzt sich hingegen mit den theoretischen Grundlagen der Prognose von Straftaten auseinander. Straftaten sind soziale Handlungen. Dementsprechend stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten der Vorhersage dieser Handlungen bestehen; und wie valide und konkret diese sein kann. Dazu wird im Speziellen regelmäßig auf den Wohnungseinbruch rekurriert, da dieser das erste Anwendungsfeld für Predictive Policing, zumindest in Deutschland, Österreich und der Schweiz, ist.

zurück zur Übersicht


Gender und die Privatisierung von Sicherheit

Eine Einführung

Volltext (733,7 KB)  Zitation (1,7 KB) 

Saskia Stachowitsch, Gina Waibel

Die Privatisierung von militärischer Sicherheit ist ein politischer und gesellschaftlicher Prozess, der mit nationalen und globalen Ungleichheitsverhältnissen in Zusammenhang steht und als solcher nicht geschlechtsneutral, sondern in vielfacher Hinsicht gegendert ist. Wir betrachten daher aus einer kritischen, sozialwissenschaftlichen Perspektive das Zusammenwirken von Geschlecht und Sicherheitsprivatisierung. Diese Interaktionen analysieren wir anhand der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung auf militärischen Arbeitsmärkten, am Beispiel institutionalisierter Geschlechterpolitik sowie anhand der Veränderung von Geschlechterideologien. Dadurch zeigt sich, dass es sich nicht um einen Antagonismus zwischen geschlechtergerechtem Staat und diskriminierenden privaten Märkten handelt, sondern Geschlecht eine zentrale Ungleichheitsachse im Prozess des neoliberalen Staatsumbaus darstellt. Eine Analyse von Sicherheitsprivatisierung muss daher über die Untersuchung privater Sicherheits- und Militärfirmen (PMSCs) hinausgehen und die Interaktion zwischen staatlichen und privaten Akteuren genauer beleuchten.

zurück zur Übersicht


Die Registrierung der Schusswaffen der Kategorien C und D

Volltext (649,9 KB)  Zitation (1,1 KB) 

Christian Steinbauer

Durch die Novelle des Waffengesetzes BGBl I 2010/43 erfolgte eine grundlegende Änderung der Behandlung der Schusswaffen der Kategorien C und D. Der Grund dieser Novelle war die Veränderung der europarechtlichen Vorgaben (RL 2008/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2008 zur Änderung der RL 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, ABl L 2008/179, 5). Mit diesem Beitrag soll – da nun auch schon seit einiger Zeit die Frist zur Registrierung des "Altbestandes" abgelaufen ist – ein Überblick über die durchgeführten Änderungen erfolgen.

zurück zur Übersicht


Tätige Reue

Grundfragen der Rechtzeitigkeit und Freiwilligkeit der Schadensgutmachung

Volltext (799,4 KB)  Zitation (2,7 KB) 

Richard Soyer, Sergio Pollak

Das Rechtsinstitut der Tätigen Reue bei den Vermögensdelikten gemäß § 167 StGB ist ein international herzeigbares Herzstück österreichischer (Straf-)Rechtskultur. Die Tätige Reue ermöglicht Täter und Opfer eine friedliche Aussöhnung und ist damit gleichsam ein Türöffner in Richtung restorative justice. Tätige Reue kompensiert zur Gänze die Rechtsfolge des jeweilig vollendeten und reuefähigen Vermögensdelikts. Der Täter wird also straffrei, indem er so gestellt wird, als habe er das Delikt formal nie vollendet. Dieses Rechtsinstitut erfreut sich hierzulande großer Akzeptanz. In verwandten (Straf-)Rechtsordnungen ruft die österreichische Regelung teilweise Erstaunen hervor. Dass Nachtatverhalten – in Form von Schadenswiedergutmachung – die Strafe nicht bloß mindert, sondern die Strafbarkeit in toto beseitigt, ist jedenfalls etwas Besonderes. Nach Auffassung der Autoren hat das Rechtsinstitut der Tätigen Reue in der österreichischen Rechtsordnung seine volle Berechtigung. Durch das Zusammentreffen von existentiellen Opfer- und Beschuldigteninteressen erscheint es nur zielgerecht, dass der Staat mit seinem Verfolgungsanspruch in den Hintergrund tritt und für die Beteiligten eine attraktive Möglichkeit vorsieht, die "Störung" selbst aus der Welt zu schaffen. Die österreichische Regelung der Tätigen Reue hat aktuell in Deutschland eine Art Impulsgeber-Funktion für aus Opferperspektive wünschenswerte Reformüberlegungen. Rechtspolitisch ist auch in Österreich ein gewisser Handlungsbedarf gegeben: Die Ausdehnung der Anwendbarkeit der Regelung zumindest auf § 136 StGB (Unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen) ist angezeigt, da es – de lege lata – systemwidrig ist, wenn der Autodieb durch Tätige Reue straffrei werden kann (§ 127 StGB), zugleich aber der (Auto-)Gebrauchsdieb, der unbefugt Fahrzeuge mit Motorkraft in Betrieb genommen hat, trotz Reueverhalten bestraft wird. Ferner ist zu überlegen, die Delikte zum Schutz der unbaren Zahlungsmittel (§§ 241a ff StGB), die zu den Vermögensdelikten eine gewisse Nähe aufweisen, einer breiteren Reueregelung zugänglich zu machen.

zurück zur Übersicht


Das neue Polizeiliche Staatsschutzgesetz

Volltext (642,8 KB)  Zitation (1,4 KB) 

Lisa Pühringer

Nach einem fast zweijährigen Diskussionsprozess wurde das Polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG) am 26. Jänner 2016 im Nationalrat beschlossen und wird mit 1. Juli 2016 in Kraft treten. Im Mittelpunkt der Diskussion und auch der medialen Aufmerksamkeit rund um das PStSG standen folgende zentralen Fragestellungen: Welche Voraussetzungen – insbesondere welche Verdachtslagen – müssen vorliegen, um Gruppierungen oder Einzelpersonen in den Blickpunkt der bei den Sicherheitsbehörden angesiedelten Staatsschutzbehörden zu rücken? Welche Befugnisse brauchen diese? Wer kontrolliert die Rechtmäßigkeit der Datenermittlung und ist diese Kontrolle wirklich umfassend und unabhängig? Bevor diesen Fragen näher nachgegangen wird, soll ein kurzer Abriss den Entstehungsprozess des PStSG zeigen, da sich dieser doch wesentlich von anderen Gesetzwerdungsprozessen unterschieden hat.

zurück zur Übersicht


Informationsverbreitung über Rückkehr an irreguläre Migranten

Ein Beitrag über die Ergebnisse der Studie des Europäischen Migrationsnetzwerkes mit Fokus auf Österreich

Volltext (705,4 KB)  Zitation (1,9 KB) 

Julia Rutz

Hintergrund dieses Studienthemas bildet die Problematik, dass es zwar Informationen zur freiwilligen Rückkehr in fast allen EU-Mitgliedstaaten gibt. Irreguläre Migrantinnen und Migranten, die nicht in Kontakt mit Behörden oder anderen involvierten Institutionen stehen, haben jedoch zu diesen wichtigen Informationen häufig keinen Zugang. Die diesem Beitrag zu Grunde liegende Studie widmet sich der Frage, ob und wie irreguläre Migrantinnen und Migranten auf anderen Wegen der Informationsverbreitung erreicht werden können, um ihnen Informationen über die freiwillige Rückkehr zukommen zu lassen. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Mittel der Informationsverbreitung gelegt. Auch wird auf die möglichen Akteure eingegangen und die unterschiedlichen Herausforderungen werden beleuchtet. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Erkenntnisse der EMN-Studie dargestellt, indem ein Überblick über die unterschiedlichen Ansätze der EU-Mitgliedstaaten zur Verbreitung von Informationen über die freiwillige Rückkehr an die spezifische Gruppe der Irregulären gegeben wird. Dabei wird ein Schwergewicht auf die Ergebnisse des nationalen Berichts von Österreich gelegt.

zurück zur Übersicht


Der Zustrom der Fremden nach Wien vor 200 Jahren

Polizeimaßnahmen gegen die Niederlassung unliebsamer Ausländer

Volltext (2,1 MB)  Zitation (2,3 KB) 

Friedrich Wilhelm Schembor

Seit jeher suchten Handwerker und Gewerbetreibende, Künstler und Erfinder aus dem In- und Ausland in der im Herzen Europas und so ziemlich im geografischen Mittelpunkt der Habsburgermonarchie gelegenen Haupt- und Residenzstadt Wien ihr Glück. Gelehrte und vermögende Personen wiederum wollten sich hier niederlassen, um die Sehenswürdigkeiten und die landschaftlichen Schönheiten zu genießen. Selbst die von 1792 bis 1815 nur durch kurze Friedenszeiten unterbrochenen Napoleonischen Kriege hielten die Fremden nicht ab, nach Wien zu kommen. Die vom Vormarsch Napoleons ausgelösten Flüchtlingsströme, die sich immer mehr Wien näherten, wurden, um die Lebensmittelversorgung der Stadt sicherzustellen, nach Böhmen, Mähren und Ungarn umgeleitet. Als der Zustrom auch nach der Besetzung Wiens durch die Franzosen 1809 weiter anhielt, griff man zu rigorosen Maßnahmen, um dem ungezügelten Zustrom Herr zu werden. Während Gewerbe- und Industrieansiedlungen weiter gefördert wurden, versuchte man sich all jener Personen zu entledigen, deren Anwesenheit der Stadt keinen materiellen oder ideellen Nutzen zu bringen versprach. Dies betraf einerseits alle, die ohne einen Grund angeben zu können und ohne mit ausreichenden Geldmitteln versorgt zu sein, gekommen waren, andererseits aber auch vermögende Fremde, die vermeinten, durch Grund- und Hauserwerb vor einer Ausweisung sicher zu sein und hier dem Gelderwerb durch Spekulation und Glücksspiel nachgehen wollten. Es wird der allgemeine Ablauf der Personenkontrolle beim Eintritt in die Stadt dargestellt und gezeigt, mit welchen polizeilichen Maßnahmen man gegen Personen vorging, um sie gar nicht erst nach Wien kommen zu lassen, und wenn sie schon da waren, wieder aus Wien wegzuweisen.

zurück zur Übersicht