Ausgabe 1/2016


Regionale Märkte für Sicherheit

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Astrid Hofer

Sicherheit lässt sich in einer aufgeschlossenen Gesellschaft herstellen und aufrechterhalten. Hierfür bedarf es einer mit ausreichend Humankapital und den daraus resultierenden Teilhabechancen ausgestatteten Bevölkerung sowie eines umfassenden strategischen Ansatzes der sicherheitspolitischen Akteure. Ein regionaler Markt für Sicherheit ist ein mit seiner Umwelt interagierendes System, das, in einem bestimmten Raum, durch die Vernetzung der staatlichen, öffentlich-privaten und privaten Akteure auf der Angebotsseite und mit der Bevölkerung auf der Abnehmerseite nach dynamischen Handlungsmustern agiert. Er bietet die Möglichkeit, nach Identifizierung und adäquater Charakterisierung der relevanten Indikatoren, diese netzwerksystemisch zu erfassen und die Wirkungszusammenhänge geplanter oder bereits gesetzter Maßnahmen hinsichtlich deren Wirkung auf das Gesamtsystem Staat aufzuzeigen. Als Referenzregion dient die Europa Region Mitte – CENTROPE, welche insbesondere hinsichtlich der Wirkungen der Gesamtregion auf die österreichischen Teilregionen aus historischen Gesichtspunkten interessant erscheint. Die makroökonomische Umweltanalyse zeigt zudem deutlich auf, dass neben dem Indikator "Zugang zu Bildung" die wirtschaftlichen Indikatoren für die Analyse des komplexen Systems "regionaler Markt für Sicherheit" von besonderer Bedeutung sind. Die mathematische Herleitung, unter Verwendung einer Adjazenz sowie einer Einflussmatrix und den hieraus ermittelbaren Werten für die einzelnen Indikatoren eines regionalen Marktes für Sicherheit, er möglicht die Visualisier ung des komplexen Systems. Dieses stellt sich grundsätzlich eher passiv-reaktiv dar und charakterisiert den Indikator "Zugang zu Bildung" als geeignet, nachhaltige Wirkungen auf das Gesamtsystem zu generieren und sohin zu einer Steigerung der inneren Sicherheit eines Staates als Summe mehrerer regionaler Märkte beitragen zu können.

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Die polizeiliche Einsatzplanung

Möglichkeiten und Grenzen bei der Berechnung des Personaleinsatzes

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Andreas Kohs

Der Artikel befasst sich mit Möglichkeiten und Grenzen bei der Personalplanung für polizeiliche Großeinsätze, die einer ausgewogenen und einheitlichen Planung unter Zugrundelegung nachvollziehbarer Vorgehensweisen bedürfen. Ein sorgfältiger und ausgewogener, insbesondere anlassadäquater Personaleinsatz ist Teil der Lagebewältigung. Die Vorgehensweisen für eine standardisierte Personalplanung müssen bei der Risikoplanung beginnen und in die Festlegung des Personaleinsatzes übergehen. Um diese Vorgangsweisen zu institutionalisieren, müssen einerseits Berechnungs- und Beurteilungsgrundlagen geschaffen oder vorhandene Berechnungsmethoden entsprechend angepasst werden. Andererseits stellt sich die Frage, ob eine Änderung der bisher geübten Planungspraxis möglich und gewünscht ist. Die Erforschung von bisher geübter Planungspraxis, die Festlegung der Vorgehensweise in der zukünftigen Personalplanung und der resümierenden Personalberechnung anhand einer Formel soll die Festlegung einheitlicher Personaleinsätze für die Bewältigung polizeilicher Lagen ermöglichen.

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Polizeiliche Aufklärungsarbeit 2.0

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Jo Reichertz, Sylvia Marlene Wilz

Der Artikel berichtet über einige Ergebnisse einer qualitativen Polizeistudie (teilnehmende Beobachtung, Interviews), in der untersucht wurde, ob die Einführung der Informations- und Kommunikationsmedien die polizeiliche Ermittlungsarbeit maßgeblich verändert. Wichtige Ergebnisse sind, dass die E-Mail-Kommunikation zu neuen Formen der Verantwortungsentlastung führt und dass die notwendige informelle Kommunikation der Ermittlerinnen und Ermittler untereinander in "Teeküchen" an Bedeutung verliert. Außerdem lässt sich beobachten, dass den objektiven Spuren und deren digitaler Auswertung mehr Beachtung geschenkt wird.

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Furcht vor Terrorismus?

Resilienz und Vulnerabilität der österreichischen Bevölkerung

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Corinna Obermaier

Terrorwarnungen, Anschläge auf europäischem Boden, die Bildung von terroristischen Vereinigungen usw. in nicht allzu großer geografischer Entfernung – all dies könnte geeignet sein, Bedrohungsgefühle und Unsicherheit auch in Österreichs Bevölkerung auszulösen. Furcht und Angst sind Emotionsqualitäten, die sich rasch entwickeln können, ihre Intensität ist oftmals objektiv nicht nachvollziehbar und durch rationale Argumente meist schwer und tendenziell nur langsam beeinflussbar. Eine möglichst stark ausgeprägte Resilienz der Menschen gegenüber verschiedensten vorstellbaren Bedrohungsszenarien liegt daher auch im öffentlichen Sicherheitsinteresse. Vor allem stark empfundene Vulnerabilität und die Furcht, von Terrorattacken im Inland bedroht zu sein, können sich negativ auf die Normalität im Alltagsleben und destabilisierend auf das gesamte Gesellschaftsleben auswirken. Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für empirische Sozialforschung konnten die Rohdaten der Studie "Entwicklung einer österreichischen Sicherheitstypologie" (IFES 2011), finanziert im Sicherheitsforschungsförderprogramm KIRAS vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie sowie Teilergebnisse einer Eigenforschungserhebung von IFES aus dem Jahr 2015 für die vorliegende Situationsanalyse in Österreich herangezogen werden. Vergleiche verschiedener Subgruppen (z.B. die Gegenüberstellung der Einwohner in Abhängigkeit der Größe des Wohnorts) in Österreich konnten erheblich differenzierte Resilienzausprägungen in der heimischen Bevölkerung nachweisen. Zusätzlich war eine Veränderung der empfundenen Bedrohung von 2011 auf 2015 erkennbar, obwohl mögliche Auswirkungen auf die Stimmungslage der Menschen auf Grund der massiven Flüchtlingsströme ab dem Spätsommer 2015 noch keinen Eingang in die Daten gefunden haben.

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Menschenhandel in Zeiten wachsender Migrationsströme

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Andreas Schloenhardt

Die Ausbeutung von Migrantinnen und Migranten, viele davon Flüchtlinge, auf dem Weg nach Österreich und anderen Teilen Europas, hat in den letzten Monaten viele Schlagzeilen gemacht und Fragen über die Abgrenzung von Menschenhandel und Schlepperei aufgeworfen. In diesem Beitrag werden Art und Ausmaß der jüngsten Migrationsströme und globale Trends und Entwicklungen des Menschenhandels in Europa und Österreich erläutert und wird auf die Ursachen von Menschenhandel, Flucht und Vertreibung eingegangen. Ziel dieses Beitrags ist es, über die Ursachen von Migration und Menschenhandel nachzudenken und diese wirksam zu bekämpfen. Dieser Beitrag wurde am Tag der Europäischen Union zur Bekämpfung des Menschenhandels am 14. Oktober 2015 in Wien vorgetragen.

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Sorgenkinder und der radikale Dschihad

Die Frage der Verantwortung ist schwer zu beantworten

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Aga Trnka-Kwiecinski

Tausende Flüchtlinge mit zum Teil nicht geklärter Identität ziehen durch Europa und die Medien zeichnen ein Bild, das sich an zwei Extrempolen ansiedelt: Eine Welle der Empathie und aktiver Hilfsbereitschaft heißt die Menschen in Österreich willkommen, oder aber Angst und Schrecken machen sich breit angesichts der Horden, die man nicht einzuschätzen weiß, aber von denen gewiss nichts Gutes zu erwarten ist. Dazwischen gibt es kaum medialen Spielraum. Und natürlich sind sofort Warnrufe hörbar, die mahnen, vor allem die jungen Männer gut im Auge zu behalten, denn sie könnten eingeschleuste Kämpfer des IS sein und es sei durchaus vorstellbar, dass sie auch noch "unsere Jugend" für ihre Zwecke gewinnen wollten. Das rot-weiß-rote Abendland zeigt sich immer wieder tief erschüttert über Jugendliche, die sich gerade in Österreich für den radikalen Dschihad begeistern und auch anwerben lassen und die dann tatsächlich bereit sind, einen Kampf zu führen, der womöglich 3.000 km weit entfernt stattfindet. Dabei sollte die Spurensuche nach den Ursachen vor der eigenen Haustüre beginnen und eigentlich in den Kinderzimmern der Nation. Jugendliche, die sich plötzlich fanatisch für den Koran begeistern, die angriffslustig Werte vertreten, die ihnen eigentlich völlig fremd sind. Medienberichte über rekrutierte Teenager, die in den radikalen Dschihad ziehen wollen, verbreiten Angst und Schrecken. Am Ende sind alle überrascht, dass es so weit kommen konnte, und die Verantwortung dafür will niemand so richtig übernehmen. Dabei stellt sich sehr wohl die Frage, welchen Beitrag die Gesellschaft selbst dazu leistet, dass Jugendliche ihre Sinnsuche auf den radikalen Dschihad verlagern. Bis junge Menschen vermeintlich überraschend zur Waffe greifen oder gar ein Selbstmordattentat ausführen, sind schon Dinge passiert, die vielleicht vorher niemand gesehen haben mag. Aber dennoch setzt genau dort eine mögliche Präventionsarbeit an.

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Die Verrechtlichung des Autofahrens

Gesetzgebung und Fiskalpolitik am Beginn des Automobilismus in Österreich-Ungarn

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Walter Blasi

Man kann zweifellos behaupten, der Automobilismus der Donaumonarchie hat in der Wiener Mariahilferstraße begonnen und als unmittelbare Reaktion darauf eine Strafmaßnahme nach sich gezogen. Als nämlich der Erfinder und Mechaniker Siegfried Marcus mit seinem zweiten von ihm konstruierten Automobil mit Verbrennungsmotor im Jahre 1889 (oder später) mehrere Probefahrten unternahm, wurde ihm von der Wiener Polizei des "großen Geräusches wegen", welches das Fahrzeug entwickelte, jede weitere Ausfahrt verboten. Marcus war noch in einem Zeitabschnitt unterwegs, in dem benzinbetriebene Fahrzeuge keiner Regelung unterworfen waren, obwohl seit dem 18. Jahrhundert das "Auge des Gesetzes" den Verkehr mit Fuhrwerken nachweislich überwachte. Aber bereits mit dem Auftreten der ersten Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor war sich die Obrigkeit der damit verbundenen Gefahren durchaus bewusst. Zwangsläufig folgte das Kraftfahrrecht einer Entwicklung, die die Technik vorgab. Bald danach, nämlich 1891, wurde für die Inbetriebnahme eines benzinbetriebenen Fahrzeuges im Wiener Polizeirayon verlangt, dass sich der Lenker vor einer von der k.k. Polizeidirektion eingesetzten Kommission einer Lenkerprüfung unterziehen müsse. Die erste Vorschrift mit kraftfahrrechtlichem Inhalt in Österreich-Ungarn war eine Verordnung der Statthalterei für Niederösterreich aus dem Jahre 1899 und in der legislativen Regelung des österreichischen Kraftfahrwesens lassen sich, beginnend eben mit 1899, mehrere Phasen unterscheiden. Gleichzeitig warnte man aber vor den Folgen einer restriktiven Verkehrspolitik, um das Aufkommen des "zarten Pflänzchens Automobilismus" und den damit verbundenen Wirtschaftszweig nicht zu gefährden. Dem gelernten Österreicher wird es jedoch nicht weiter verwundern, dass das Automobil vom Staat recht bald als "lukrative" Einnahmequelle entdeckt wurde.

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Internationales Abkommen gegen Frauenhandel – Eine Zeitreise

Tagungsbericht

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Christiana Weidel

Am 18. Mai 1904 unterzeichneten auf Initiative einer Reihe von Nichtregierungsorganisationen und Frankreichs 13 europäische Staaten das "Internationale Abkommen zur Bekämpfung des Frauenhandels". Ein erster wesentlicher Schritt Frauenhandel als Verbrechen einzuordnen. Eine lange Reihe internationaler Abkommen folgte diesem historischen Meilenstein. Im Mai 2014 tagten im Rahmen eines internationalen Workshops in Wien Wissenschafterinnen und Wissenschafter unterschiedlicher Disziplinen, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Expertinnen und Experten aus der aktuellen Praxis der Anti-Trafficking-Arbeit, um die Hauptlinien von über 100 Jahren an Diskussion, Politikformulierung und Aktivitäten gegen Frauenhandel, Ergebnisse sowie Kontinuitäten und Brüche in der Behandlung der Problematik aus internationaler und österreichischer Sicht zu erörtern. Wie steht es heute mit der "Governance" des Frauenhandels mit dem Blickpunkt Österreich? Welche Möglichkeiten und Chancen gegenwärtiger Politikstrategien können für Österreich und die internationalen Bemühungen gegen den Handel mit Menschen nutzbringend sein? Die Geschichte zeigt, dass staatliche Stellen gemeinsam mit NGOs Synergieeffekte für die Weiterentwicklung von Instrumentarien und Politik gegen Frauenhandel schaffen können, dies gilt heute gerade im Hinblick auf die neuen Menschenhandelsmethoden der Organisation Islamischer Staat (IS) mehr denn je. Dieser Bericht der Tagung hebt jene Aspekte heraus, die für das Verständnis der Entwicklung des internationalen Abkommens grundlegend sind. Die einzelnen Fachvorträge wurden in einem eigenen Tagungsband zusammengefasst.

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