Ausgabe 1/2011


Die Rechtsprechung des EGMR zu Fragen aus dem Wirkungsbereich des BM.I

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Franz Matscher

Der Beitritt Österreichs zur EMRK war 1958 als problemlos betrachtet worden und es war auch davon die Rede, dass die entwickelte österr. Rechtsordnung weit über dem eher bescheidenen System der EMRK stehen würde; da klang auch eine gewisse Überheblichkeit an. Nur aus Vorsicht brachte man ein paar an sich als überflüssig betrachtete Vorbehalte an. Umso größer war die Überraschung, als es bald nach dem Beitritt begann, Beschwerden gegen Österreich zu „regnen“ und die Republik binnen weniger Jahre zum ersten Kunden in Straßburg avanciert war (nach der „Beschwerdedichte“, d.h. dem Verhältnis der eingebrachten Beschwerden zur Einwohnerzahl). Diese weitgehend erfolgreichen Beschwerden gegen Österreich betrafen vornehmlich Fragen aus der Strafgerichtsbarkeit und der Untersuchungshaft. Fragen aus dem Arbeitsbereich des BM.I standen kaum zur Diskussion. Durch zahlreiche Novellierungen der Strafverfahrensgesetze wurden die meisten dieser Beschwerdepunkte eliminiert. Damit hat auch die Zahl der Beschwerden gegen Österreich ständig abgenommen und wir befinden uns heute im Mittelfeld. Im vorliegenden Beitrag soll versucht werden, die hauptsächlichen Beschwerdepunkte, welche das Arbeitsgebiet des BM.I berühren und zu denen es eine einschlägige Judikatur des EGMR gibt, beispielhaft und in Untergruppen gegliedert nach der Systematik der EMRK, aufzuzeigen. Es handelt sich dabei um keine auf Vollständigkeit Anspruch erhebende Darstellun.

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Chancen und Grenzen von Integrationsvereinbarungen

Erste Erfahrungen eines Schweizer Pilotprojekts

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Julia Morais

Das neue Ausländergesetz in der Schweiz, das am 1. Jänner 2008 in Kraft getreten ist, misst der Integration von Ausländerinnen und Ausländern großes Gewicht bei. So ist unter anderem vorgesehen, dass die Erteilung einer Aufenthalts- oder Kurzaufenthaltsbewilligung mit der Bedingung verbunden werden kann, dass ein Sprach- oder Integrationskurs besucht wird. Diese Verpflichtung kann in einer Integrationsvereinbarung festgelegt werden. Artikel 54 des neuen Ausländergesetzes (AuG), welcher das neue Instrument vorsieht, ist eine Kann-Bestimmung. Demnach steht es den Kantonen frei, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen oder nicht. Der Kanton Zürich hat in einem zweijährigen Pilotprojekt erste Erfahrungen gesammelt und ausgewertet. In einem Zürcher Integrationsgesetz werden die Forderungen nach mehr Verbindlichkeit derzeit auch auf kantonaler Ebene verankert

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Urbane Ethologie

Kriminalität aus evolutionsbiologischer Sicht

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Elisabeth Oberzaucher

Die Fachdisziplin der Humanethologie beschäftigt sich mit menschlichem Verhalten vor dem Hintergrund der Evolutionstheorie. Ziel dieser Forschungsrichtung ist es, allgemeine Phänomene des menschlichen Verhaltens zu beschreiben und im Lichte der menschlichen Evolutionsgeschichte besser zu verstehen. Durch diesen Forschungsansatz soll durch das bessere Verständnis des menschlichen Funktionierens auch der Weg für praktische Anwendungen geebnet werden. So legt unsere Forschung beispielsweise Strukturmaßnahmen nahe, die das Sicherheitsgefühl erhöhen und gleichzeitig Kriminalität verringern helfen. Der Einsatz von Naturelementen sowie die Gestaltung von öffentlichen Räumen nach Prospect-Refuge-Kriterien können so mit geringem Aufwand große Wirkung zeigen. Die menschlichen Bedürfnisse, die ihre Wurzeln in der Evolutionsgeschichte haben, sollten an erster Stelle stehen, wenn es um die Gestaltung urbaner Räume geht. Nur so können wir erreichen, dass ein optimales Maß an Wohlbefinden und Funktionalität erreicht werden können.

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Kriminalität im Geschäftsleben

Ermittlungspraxis in Unternehmen – "Legitim, aber mit aller Konsequenz"

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Diana Ziegleder

Die kürzlich veröffentlichten Bundeslagebilder zu den Deliktbereichen Korruption und Wirtschaftskriminalität des deutschen Bundeskriminalamtes zeigen, dass im Jahre 2009 Fälle von Bestechung/Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie von Wirtschaftskriminalität vermehrt polizeilich erfasst wurden (BKA 2010a; BKA 2010b). Ein großes Dunkelfeld sei gerade im Bereich Korruption dennoch weiterhin zu vermuten, da „einzelne Fälle aufgrund des zu erwartenden Imageverlustes für die betroffenen Unternehmen weiterhin intern behandelt und sanktioniert werden“ (BKA 2010a, 9). Der Anstieg im Hellfeld weise aber darauf hin, dass sich Unternehmen für polizeiliche Ermittlungen zu öffnen scheinen (BKA 2010a). Falls sich diese Entwicklung verstetigt, werden polizeiliche Ermittungsressourcen für ein erhöhtes Fallaufkommen notwendig – gleichzeitig wird es immer wichtiger, dass sich die Polizei mit Unternehmen als Gegenüber (und Partner) auseinandersetzt. Ermittlungen in Unternehmen sind ein schwieriges Unterfangen und können sehr schnell sehr komplex werden (McGurrin/Friedrichs 2010). Auf der Basis von Ergebnissen einer empirischen Untersuchung sollen die Besonderheiten solcher Ermittlungen im Folgenden näher beleuchtet werden. Dazu werden typische Situationen und Fallbeispiele vorgestellt, bei denen der Staat vielfach außen vor bleibt. Es wird deutlich werden, dass in diesem Phänomenbereich eine Welt des „privaten Polizierens“ existiert, in der Diskretion überwiegt. Die polizeilichen Ermittler stehen hier einer Reihe von Akteuren gegenüber, die sich selbst als Partner in der Ermittlung anbieten.

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INTERPOL im europäischen Sicherheitsgefüge

Die besondere Rolle der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO)

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Pierre Reuland

Braucht Europa und speziell die Europäische Union eine Organisation wie INTERPOL in Zeiten sehr gut aufgestellter europäischer Agenturen, wie Europol, Frontex, Cepol und anderen, die den allergrößten Teil der polizeilichen Zusammenarbeit abdecken? Die Antwort ist eindeutig: Ja! In diesem Artikel beschreibt der Sonderbeauftragte von INTERPOL bei der Europäischen Union in Brüssel, dass INTERPOL als die einzige globale Polizeiorganisation mit 188 Mitgliedstaaten einen unerlässlichen Beitrag auch für die Sicherheit in Europa leistet und wesentlich dazu beiträgt, dem Netzwerk internationaler krimineller Strukturen ein globales Sicherheitsnetzwerk entgegen zu stellen.

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Ausbildung der Afghanischen Nationalen Polizei (ANP)

Aufstandsbekämpfung oder Aufbau einer zivilen Polizei?

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Martin Schmidt

Eine der größten Herausforderungen für die afghanischen Sicherheitskräfte besteht in der Bekämpfung des Aufstandes und der Stabilisierung der Sicherheitslage. Diese hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Die Zahl der Anschläge hat sich erhöht und das Aktionsgebiet der aufständischen Gruppen erweitert. Immer mehr Gebiete gelten als instabil. Der afghanischen Polizei kommt im Zusammenhang mit der Aufstandsbekämpfung eine große Rolle zu. Sie hat – aufgrund ihrer Verteilung über das Land, aber auch aufgrund der mangelnden Ausbildung – die meisten Opfer im Kampf gegen die aufständischen Gruppen zu beklagen. Dementsprechend wählten die USA die Aufstandsbekämpfung als Schwerpunkt für das Training der Polizeieinheiten. Die europäischen Staaten hingegen favorisieren ein zivileres Projekt. Die Polizei soll stärker in Bereichen wie Verkehr oder Kriminalitätsbekämpfung ausgebildet werden. Dadurch soll das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei und in den Staat allgemein erhöht werden. Die EU hat sich mit der Gründung der EUPOL Afghanistan das Ziel gesetzt, die afghanische Regierung beim Aufbau einer zivilen Polizei zu unterstützen. Neben der EUPOL sind auch einschlägige Organisationen mit dem Aufbau der afghanischen Polizei betraut. Zusätzlich zu UNO und NATO begannen auch einzelne Länder Polizisten auszubilden. Vor dem Hintergrund der geplanten Reduktion der internationalen Truppenstärke spielen die Mannstärken und die Einsatzbereitschaft von Polizei und Armee eine durchaus politische Rolle und werden deshalb teilweise verzerrt dargestellt.

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Der Jemen in Geschichte und Gegenwart

Von Arabia Felix zur wiedervereinigten Republik (Teil 2)

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Katarzyna A. Meyer-Hubbert

„Wir sind wie in der Mitte eines Sturms. (...) Jeder ruft etwas anderes: rechts, links, vor, zurück! Ich war in meinem ganzen Leben nicht so verwirrt wie heute. Ihr Europäer schaut auf uns herunter, weil wir den Islam erhalten wollen. Ihr greift uns an, ohne dass Ihr realisiert, wie sehr wir leiden und wie sehr wir Eure Unterstützung brauchen.“ Sucht man heute nach Informationen über den Jemen, fällt auf, dass – vor allem in den westlichen Medien – kaum etwas Positives zu finden ist. Es ist ein armes, unterentwickeltes und gefährliches Land, in dem die Frauen eigentlich keine Rechte haben, al-Qaida immer mächtiger wird, die Wasserressourcen schwinden und niemand so wirklich über die Zukunft zu sprechen wagt. Soll das bedeuten, dass der Jemen keine Zukunft vor sich hat und als ein „gescheiterter Staat“ (failed state) anzusehen ist? Wie bei jedem Urteil ist es auch in diesem Fall wichtig, das Land kennen zu lernen. Der Umriss seiner Geschichte und der Versuch, die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation des Jemen durch das Prisma seiner Vergangenheit zu sehen, wurde im Artikel „Der Jemen in Geschichte und Gegenwart – von Arabia Felix zur wiedervereinigten Republik“ in der letzten Ausgabe des Journals unternommen. Jetzt ist es an der Zeit, sich der heutigen Situation des Landes zu widmen, seine politischen und sozioökonomischen Strukturen zu betrachten, die Fragen nach dem Alltag in Südarabien aufzuwerfen. Beide Texte geben hoffentlich ein – wenn auch nur grob skizziertes – Bild dieses unbekannten, vielleicht exotischen und dennoch interessanten, gar faszinierenden und – unter dem Aspekt der globalen Sicherheit betrachtet – vielleicht sogar entscheidenden Landes.

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Szenariotechnik

Gratwanderung zwischen Verlangen und Misstrauen?

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Johanna Simonini

Nachdem sich die jahrelange „Flucht in die Vergangenheit“ als möglicher Zugang zu aktuellen Problemen oder sogar als Analyseinstrument für zukünftige Orientierungsrahmen und Handlungsweisen nicht bewährte, sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts Akteure und Meinungsbildner mehr denn je auf der Suche nach zweckmäßigen Methoden, welche ein Erkennen beziehungsweise Deuten von Trends und etwaigen Entwicklungen ermöglichen sollen. Einen möglichen Ansatz, dem Bedarf an Vorausschau gerecht zu werden, stellt unter anderem der methodische Zugang der Szenariotechnik dar. Diese befasst sich mit dem Aufzeigen unterschiedlicher Zukunftspfade und Entwicklungen und versucht mögliche Auswirkungen zu skizzieren. Langfristige Analysen und Trendprojektionen bedienen sich daher in ihrer Darstellung oftmals der Szenariotechnik, um möglichst viele Eventualitäten abzudecken. Aber nicht nur Eventualitäten können zu veränderten Rahmenbedingungen führen, oftmals sind es auch Einzelentscheidungen, von staatlichen oder auch nichtstaatlichen Akteuren, die den Handlungsrahmen für Entscheidungsträger zur Gänze verändern. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob dieser methodische Zugang zu langfristigen Analysen und Trendprojektionen in sich ständig verändernden Ordnungen überhaupt sinnvoll ist.

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Historisch-politische Arbeit für die Polizeiausbildung

Das Projekt „Die Polizei im NS-Staat“ der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster

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Veit Petzoldt

Seit 2008 läuft ein bis 2011 angesetztes Projekt an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster. In diesem Projekt beschäftigen sich polizeiinterne und externe Forscher mit der Rolle der Polizei im Nationalsozialismus. Angesiedelt wurde das Forschungsprojekt wohl überlegt an der Einrichtung, an der die deutschen Polizeibeamten ihr Aufstiegsstudium in den höheren Dienst absolvieren. Solche Entwicklungen zeigten die zunehmende Etablierung gesellschaftswissenschaftlicher Aspekte in der Polizeiausbildung. Seit der Einführung eines Masterabschlusses für die höhere Polizeilaufbahn findet auch ein Wandel im Selbstverständnis und Berufsbild der Polizisten statt, zugleich wird die Polizeiausbildung durch akademische Studieninhalte aufgewertet. Eine ganz grundlegende Komponente gesellschaftswissenschaftlicher Wissensvermittlung ist die kritische Aufarbeitung der Geschichte des eigenen Berufsstandes. Das Projekt „Polizei im NS-Staat“ leistet dafür grundlegende Forschung, deren Ergebnisse 2011 nicht nur der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. In diesem Jahr wird auch ein Ausstellungsmodul für Behörden und Bildungseinrichtungen der deutschen Polizei fertig gestellt sein.

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