TY - JOUR AB - Forensische Arbeit beschäftigt sich in der Regel mit individuellen Straftaten, anders als die Kriminologie, die die Grundlagen kriminellen Verhaltens untersucht. Das Konzept einer „forensischen Wissenschaft“ (forensic science) entspricht vielfach nicht den Kriterien für wissenschaftliche Forschung im engeren Sinn. Begreiflicherweise werden forensische Untersuchungen überwiegend mit Methoden durchgeführt, die gut etabliert, standardisiert und möglichst unumstritten sein sollen. Innovation und Kreativität müssen aus Gründen der Vergleichbarkeit und Fairness stark beschränkt werden. Die wissenschaftlichen Grundsätze von Objektivität, Reliabilität und Validität gelten natürlich auch für kriminalistische Untersuchungen. Von großer Bedeutung ist die Gewährleistung eines möglichst hohen Qualitätsstandards – sowohl der Untersuchung selbst als auch der Qualifikation des Untersuchers. Wissenschaftliche Forschung weist inhärente Kontrollmechanismen auf, zum Beispiel das „peer review“-Verfahren. Zusätzlich werden etwaige Fehler durch weiterführende Forschungen fast immer korrigiert. Im forensischen Bereich sind durch Instanzenzug, Obergutachten etc. zwar ebenfalls Korrekturmechanismen vorhanden, wegen der unmittelbaren Bedeutung der Ergebnisse für die Betroffenen kann das Qualifikations- und Qualitätsniveau aber kaum zu hoch angesetzt werden. Der Erkenntnisprozess bei forensischen Untersuchungen wird in der Regel durch konkrete Fragestellungen ausgelöst, wobei die Theoriebildung und das Einfügen in den Kanon des formalen Wissens erst am Schluss erfolgen. Basierend auf praktischen Erfahrungen und Anforderungen gehen wesentliche Innovationen bzw. Weiterentwicklungen bestehender Untersuchungsverfahren oft von Ermittlungsbeamten und nicht von akademischen Forschern aus. Letztere sind allerdings verantwortlich, die Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit in die forensische Praxis zu implementieren. Daraus ergibt sich die große Bedeutung der engen Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und praktischer Umsetzung – also einer „Verwissenschaftlichung“ der forensischen Untersuchungen AU - Ditrich, Hans DO - 10.7396/2010_3_B ET - 3/2013 KW - Forensik forenschische Wissenschaft Grundsätze Qualitätssicherung Praxis Verwissenschaftlichung LA - ger M1 - 3 PY - 2010 SN - 1813-3495 SP - 13-26 ST - Gibt es „Forensische Wissenschaft“? Wissenschaftliche Grundlagen kriminalistischer Untersuchungen T2 - SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis TI - Gibt es „Forensische Wissenschaft“? Wissenschaftliche Grundlagen kriminalistischer Untersuchungen UR - http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_SIAK/4/2/1/2010/ausgabe_3/files/Ditrich_3_2010.pdf VL - 7 ID - 123 ER -